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29. März 2024

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Psychohygiene oder die Transformation der Künstlerin zum Objekt

Video: 

Nach Materialaktion mit Video-Doku bei Vernissage zur aktuellen Personale der Muehl-Kommunardin Sugar Plum in der Galerie Czaak stehen bei Finissage aktionistische Ausdrucksformen in Text, Foto und Film im Mittelpunkt.

Mädchen, Geliebte, Frau, Mutter, Schülerin. Die Frau als Objekt und Künstlerin in der Aktionismus-Schule Otto Muehls mit der künstlerischen Verarbeitung grenzwertiger Lebenserlebnisse ist das Thema der ersten großen Einzelschau der Muehl-Kommunardin Sugar Plum in der Wiener Galerie Czaak vom 26.9. bis 28.10.17. Sugar Plum ist der Künstlername von Margit Pflaum (geb. 1959 in Deutschland). Sie ist Aktionskünstlerin und Malerin, war von 1981 an Mitglied der Kommune Friedrichshof von Otto Muehl und erlernte dort künstlerisch-aktionistische Ausdrucksformen im Bereich Malerei, Skulptur, Performance und Tanz.

Eindrucksvolle Materialaktion bei Vernissage und weitere Aktion bei Finissage
Nach der eindrucksvollen Live-Performance mit einer Materialaktion von Sugar Plum und NOYA zum Thema Frau und Sexualität im Rahmen der Eröffnung, geht es bei der Finissage am 24. Oktober wieder um Aktionismus, diesmal in den Ausdrucksformen Text, Foto und Film. Im Zentrum steht das „Mädchen“, so nennt Sugar Plum ihre Puppe, auf der sie das Resümee ihrer Erlebnisse der letzten 30 Jahren geschrieben und gezeichnet hat.
Die Künstlerin stellt dem Publikum ihre Puppe vor, auf deren Plastikhaut ihre Psycho-Hygiene und ihr privater Voodoo eingeritzt ist. Während des Gestaltungsprozesses ist der Film "Mädchen lügen nicht“, gleichzeitig Titel der gesamten retrospektiven Werkschau mit Objektkunst sowie Grafik- und Malarbeiten. Zusätzlicher Bestandteil der Finissage ist der Film einer Puppenaktion in Kombination mit einer Leinwand mit ausgewählten Zeitungsartikeln aus den Jahren 1976 bis 2014 und damit werden wiederum Bilder aus der Serie „Tagebuchübermalung“ kombiniert.
Die originalen Malarbeiten aus der Tagebuchserie werden dabei ebenso gezeigt. Als eigenständige autobiografische Kunstwerke mit vielfältigen Illustrationen, Malereien und Textelementen stellen sie einen Schwerpunkt der Ausstellung dar. „Die Materialaktion bei der Vernissage war überaus beeindruckend, sowohl die Transformation der Künstlerin zum Objekt wie auch die des Modells war mit allen Sinnen greif- und spürbar. Sugar Plum verarbeitet ihre intensiven Lebenserlebnisse als Muehl-Kommunardin in ihren nicht minder intensiven aktionistischen Kunstformen,“ so Galerist Christian Czaak, der die Personale gemeinsam mit der Künstlerin zusammengestellt und kuratiert hat.

Aktionismus auch Bestandteil bei Grafik- und Malarbeiten
Weitere bekannte und gezeigte Arbeiten der seit 2009 in Wien lebenden und arbeitenden Künstlerin sind die Landschaftsbilder der portugiesischen Algrave sowie die Zyklen „Frau am Klo“ und „Frau am Fenster“. „Auch als Antwort auf ein sexistisches Weltbild wird hier das auf Gesäß und Brüste reduzierte Bild der Frau etwa in Kombination mit den runden Formen der Toilette als Karikatur ironisiert und ad absurdum geführt,“ so Sugar Plum zum Zyklus. Viele Werke beinhalten aktionistische Elemente wie etwa Original-Abdrücke diverser Körperteile.
In den ebenso gezeigten skulpturalen Objekten verarbeitet Sugar Plum auch die Themen „Vaterfiguren“ und „Abschied“, etwa in ihrer aktuellen Serie mit Koffern, wo sie verschiedene, oft sehr ambivalente Gegenstände als Metapher für ihre Lebensabschnitte kombiniert. Skelettierte Tierschädel sind ebenso darunter wie Spiegel, Blumen oder „liebliche“ Puppenköpfe. „Der Koffer steht für das Leben, Abschied, Loslassen, Bewegung und Veränderung, die Inhalte für die jeweilige Situation,“ erklärt die Künstlerin.

„Mädchen lügen nicht“ – Finissage am Di, den 24.10.17 anlässlich der retrospektiven Personale der Muehl-Kommunardin Sugar Plum mit Aktionismus in Malerei, Grafik und Objektkunst vom 26. September bis 28. Oktober 2017 in der Galerie Czaak in 1010 Wien, Sonnenfelsgasse

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red, Economy Ausgabe Webartikel, 19.10.2017