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04. Mai 2024

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Klare Regeln bei wirtschaftlicher Verwertung

Klare Regeln bei wirtschaftlicher VerwertungBilderbox.com

... geförderter Forschungsprojekte.

Laut dem Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2014 wurden hierzulande 9,3 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung (F & E) aufgewendet, davon kamen rund 3,4 Mrd. (36%) vom öffentlichen Sektor, 4,3 Mrd. (46 %) von inländischen Unternehmen und 1,4 Mrd. (15%) von in Österreich ansässigen ausländischen Unternehmen.

Anlässlich des möglichen Wechsels des Wiener Forschers Josef Penninger nach Berlin (siehe Bericht „Die internationale Forschungs-Community...“), stehen neben etwaigen Nachfolgefragen beim IMBA auch das Thema Verwertung und standortpolitische Wertschöpfung bei mit Steuergeld geförderten Forschungsprojekten im Mittelpunkt.

Grundlagenforschung und Angewandte Forschung
Neben Projekten der Grundlagenforschung an universitären Instituten wie dem IMBA, betreffen die Fragen dabei vor allem Regelungen und Rahmenbedingungen von universitären SpinOffs oder private Ausgründungen sowie Start-Ups. Dies beinhaltet auch Projekte im Bereich der angewandten, wirtschaftsnahen Forschung, etwa aus der aktuellen COMET-Programmlinie des Bundes (vormals auch Industrielle K-Zentren wie k-net, k-ind oder k-plus genannt).
Economy hat Fördergeber in Österreich zu bestehenden oder etwaig neu zu definierenden Regelungen bei Verwertung und Sicherung der Wertschöpfung bei öffentlich geförderten Forschungsprojekten befragt (Ausländische Regelungen etwa aus Deutschland oder den USA folgen).

Erfahrene Standortagentur und Förderinstitution
Eine erfahrene und lange bestehende Förderinstitution ist die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) welche 2002 aus dem Zusammenschluss der 1954 gegründeten BÜRGES-Förderbank, des ERP-Fonds (1962 gegründet), der Finanzierungsgarantie GmbH (1969) und der Innovationsagentur GmbH (1984 gegründet) entstanden ist.
Befragt nach Förderinstrumentarien für FE-Projekte und Regelungen für Verwertung und standortpolitische Wertschöpfung verweist man etwa auf das Instrument des „Seed-Financing“. Seed-Financing zielt primär auf die Gründung von wachstumsstarken Hochtechnologieunternehmen und die wirtschaftliche Verwertung durch das neu gegründete Unternehmen ab.
Dabei wird von Anfang an sichergestellt, dass die geistigen Eigentumsrechte (Intelectual Property/IP) im Unternehmen eingebracht sind und es zudem ausreichendes Committment der betreibenden Firmengründer gibt, sowohl personell wie auch finanziell.

Genehmigungspflichten und Rückzahlungen
Wesentlich bei Seed-Zuschüssen ist, dass diese im Erfolgsfall wie etwa Ausstieg (Exit) oder Veräußerung rückzahlbar sind. Die entsprechenden Regelungen passieren durch vertraglich vereinbarte Genehmigungspflichten diverser Geschäftsvorgänge welche durch die AWS sichergestellt werden, beispielsweise bei Gesellschafterwechsel oder Unternehmensveräußerungen (Exit-Strategie). Diese Genehmigungspflichten erlöschen erst bei Rückzahlung des Seed-Financing.
Grundsätzliche Zielsetzung derartiger Förderprogrammen ist die Gründung von wachstumsstarken Hochtechnologieprojekten zu ermöglichen, dabei geistige und inhaltliche Eigentums- und Verwertungsrechte, weiters Wachstumspotential und das erwähnte persönliche und finanzielle Committment der gründenden Unternehmer sicherzustellen.

Globales Business Hochtechnologie
Wünschenswert ist zudem Ansiedelung und Bestand der Unternehmenszentrale in Österreich und diesen Unternehmen in Folge auch eine innerösterreichische Exit-Perspektive zu bieten. Klar ist aber auch, dass Hochtechnologie ein globales Business ist und es daher nicht möglich ist, Firmen durch einschränkende Bedingungen für immer in Österreich festzuhalten.
Die Wertschöpfung in Österreich ist für Standort-Einrichtungen wie die AWS naturgemäß ein zentrales Anliegen. Bereits in der Antragsphase werden die entsprechenden Parameter zentral erörtert und definiert. Als entscheidend in der Standortfrage bei FE-Unternehmungen gelten dabei größtmögliche wissenschaftliche Freiheit, eine entsprechende intellektuelle Dichte und bestmögliche infrastrukturelle Unterstützung.

Beispiele für Wertschöpfung mit internationalen Eigentümern
Von economy zu Beispielen befragt, wo ein FE-Projekt in eine Gründung und in Folge dann auch in eine internationale Eigentümerstruktur mündete aber trotzdem längerfristige österreichische Wertschöpfung passierte, wird etwa die ehemalige Intercell AG und nunmehrige Valneva genannt, wie die Apeiron Biologics (siehe Bericht „Von der akademischen Idee...“) auch ein Biotech-Unternehmen und tätig in der Entwicklung von Impfstoffen (u.a. Enzephalitis).
Gegründet als universitärer SpinOff 1998 in Wien (u.a. von Alexander von Gabain), erfolgte dann 2005 der Gang an die Börse und (nach wechselhaften Kursentwicklungen) im Jahre 2013 Veräußerung und Zusammenschluss mit der Firma Vivalis zu jetzigen Valneva. Trotzdem die Zentrale im Zuge der Fusion nun nach Frankreich übersiedelte gibt es am verbliebenen Standort Wien (Campus Vienna Biocenter) nach wie vor erhebliche Aktivitäten mit mehr als 100 überwiegend hochqualifizierte Mitarbeitern.

Grundsätzliche Aufgaben des Bundes
Als einer größten österreichischen Fördergeber und Entwickler standortpolitischer Forschungsprogramme fungiert das BM für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT). Ebenso befragt nach generellen Regelungen, sieht das BMVIT ebenso einmal die Sicherstellung geeigneter Rahmenbedingungen für positive Entwicklungsmöglichkeiten des FE-Standortes Österreich als grundsätzliche Aufgabe.
Im Regelfall beteiligt sich der Bund nicht an von ihm geförderten Projekten weil die Nutzung von Verwertungsrechten durch Private effizienter ist und die Allgemeinheit von der Umwegrentabilität erfolgreicher Unternehmen profitiert. Dies auch weil der Bund „ansonsten zu einem Beteiligungsmulti wird und dafür beträchtliche zusätzliche Kapazitäten aufbauen müsste.“

Rückforderung der Förderungen
Angesprochen auf Verwertungsfragen bei geförderten Projekten, gilt, dass „es gesetzliche Regelungen im engeren Sinn nicht gibt“. Maßgeblich sind laut BMVIT die jeweiligen Förderungsrichtlinien und die dabei zu berücksichtigenden Regelungen des europäischen Beihilferechts.
Hier können beispielsweise Förderungen zurückgefordert werden wenn etwa der Förderungsnehmer seinen Betrieb einstellt oder verkauft. Weiters dürfen durch öffentliche Förderungen entstandene Verwertungsrechte nur zu marktüblichen Preisen verkauft werden.
Im Falle der Apeiron Biologics etwa wäre eine Übersiedlung ein solcher Rückforderungsgrund. Derartige Pläne seien aber nicht bekannt, hier erfolgt Wertschöpfung in Österreich, das Unternehmen mache substantielle Umsätze und beschäftigt aktuell 23 Mitarbeiter.

Neue Regelungen bedeuten erheblichen Aufwand
Im Falle privater Ausgründungen verweist das BMVIT auf das Modell im Rahmen der A+B Programmlinie zur Förderung universitärer Start-Ups. Hier werden Darlehen und Zuschüsse gewährt, die dann im Erfolgsfall zurück bezahlt werden müssen und als Erfolgsfall gilt auch der Verkauf des Unternehmens.
Und bei einem Konkurs wird im Einzelfall geprüft ob eine Rückzahlung, Stundung oder Reduktion der Darlehenssumme möglich ist. Grundsätzlich erachtet das BMVIT die bestehenden Rahmenbedingungen als ausreichend. Bei Diskussionen und Ideen für etwaige neue Regelungen die auch eine Art Gewinnbeteiligung der öffentlichen Hand beinhalten, muss laut BMVIT „klar sein, dass dafür auch ein erheblich höherer Verwaltungsaufwand notwendig wäre.“

(Anmerkung der Redaktion: Die angeführten Beispiele im Bereich Förderungen und Finanzierungen von FE-Projekten sind nur ein Auszug einer Vielzahl an bestehender Instrumente und Programm-Linien; economy wird Berichte zu weiteren Beispiele und Referenzprojekte bringen).

Links

Christian Czaak, Economy Ausgabe 999999, 30.04.2015