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03. Juli 2024

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Neuer Startschuss für E-Health

Neuer Startschuss für E-HealthPixelio/R. Sturm

Die neu gegründete Elga GmbH soll nun endlich die „elektronische Gesundheitsakte“ realisieren.

Seit 1. Jänner 2010 ist Dr. Susanne Herbek neue Geschäftsführerin der vom Gesundheitsministerium, dem Hauptverband und den Ländern Ende 2009 neu gegründeten Elga GmbH. Mit 1. Mai wird Hubert Eisl als technischer Geschäftsführer starten. Die SPÖ-nahe Ärztin Herbek war zuvor Managerin des Wiener Krankenanstaltsverbundes (zehn Krankenhäuser, 20.000 Mitarbeiter), Eisl hat bis dato im Rechenzentrum der Sozialversicherung den Bereich Kundenbeziehungs- und Programm-management verantwortet.
Herbek und Eisl sollen dafür sorgen, dass die „Elektronische Gesundheitsakte“, kurz Elga, endlich auf Schiene gebracht wird. Dafür haben sie bis Ende 2013 ein Budget von 30 Mio. Euro zur Verfügung.

Keine Neu-Daten-Produktion
Zeit wird es: Das Mammutprojekt Elga wurde bereits 2006 beschlossen und von der damaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) als „entscheidendes innovatives Thema der Zukunft“ bezeichnet. Damals wurde die Arge Elga eingerichtet. Die Umsetzung der elektronischen Gesundheitsakte hat sich seither verzögert. Der Begriff ist eigentlich falsch, denn es geht nicht darum, für jeden Patienten einen Akt anzulegen. „Wir produzieren keine neuen Daten. Die Daten werden dort gespeichert, wo sie anfallen“, betont Herbek. „Ein praktischer Arzt kann künftig über einen entsprechenden Link einen Befund aus dem Speicher eines Radiologen abrufen“, hat sie ein Beispiel parat.
Mit Elga werde „eine nationale Gesundheitsinfrastruktur geschaffen, durch die den Versorgungseinrichtungen zeitgerecht und qualitativ bessere Infos über den Gesundheitszustand einer Person zur Verfügung gestellt werden können“, freut sich Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Im ersten Schritt sollen ein Patienten- und ein Gesundheitsdiensteanbieter-Index (GDA-Index) realisiert werden. Beide werden aber voraussichtlich bis zur ersten Hälfte 2011 erstellt. Für den Zugriff auf patientenbezogene medizinische Daten oder Befunde wird ein Berechtigungssystem geschaffen, wodurch unterschiedliche Nutzungsrechte für Patienten, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser vergeben werden können.
Wichtige Voraussetzung für Elga ist die leistungsstarke Vernetzung der Gesundheitsdiensteanbieter: „Wir vertrauen da im Wesentlichen auf vorhandene Netze: das Gin-Netz (Gesundheitsinformationsnetz, im Zuge der E-Card geschaffen; Anm.) sowie das neue Healix“, erklärt Herbek. Das neue Gesundheitsnetzwerk Healix (E-Health Interexchange, Anm.), ini­tiiert von den oberösterreichischen Organisationen für Krankenanstalten zur Erleichterung des Austauschs von Befunden, Röntgenbildern und Krankengeschichten, ist seit Dezember in Vollbetrieb. Mehr als 50 Gesundheitseinrichtungen in Wien, Nieder- und Oberösterreich sind mit dabei.
Die gesetzlichen Regelungen für Elga werden derzeit ausgearbeitet und sollen 2011 in Kraft treten. Bei Elga soll der Patient selbst Kontrolleur seiner Daten sein, nur er hat Vollzugriff. Die Gesundheitsdienstleister sollen ebenfalls auf die relevanten Patientendaten zugreifen dürfen, außer der Patient spricht sich dagegen aus.

Kritische Stimmen zu Elga
Genau hier setzt die Kritik der Datenschützer an, die einmal mehr die Gefahr eines „gläsernen Menschen“ orten. Das System setzt zudem sehr mündige, selbstbewusste Patienten voraus. „Bei älteren oder behinderten Menschen müssen diese Funktion Angehörige oder Vertrauensärzte übernehmen“, weiß Herbek um das Problem.
„Elga ist im besten Fall eine Datensammlung zur Bürgerverwaltung, im wahrscheinlichsten Fall zur Bürgerüberwachung“, kritisierte Christian Euler, Präsident des Hausärzteverbands (ÖHV). Herbek nimmt das gelassen: „Ich verstehe die Kritik der Hausärzte nicht, sie brauchen de facto nur ein zusätzliches Softwaremodul. Vielleicht ist es aber Unsicherheit und Unwissen, was Elga tatsächlich ist. Da ist sicher noch viel Aufklärung nötig.“
Und sie nennt noch ein wichtiges Elga-Projekt: die E-Medikation. Damit soll eine Art Qualitätskontrolle für Patient, Ärzte und Apotheken möglich sein, welche Medikamente der Patient in letzter Zeit verschrieben bekommen und in der Apotheke erstanden hat. „Zum Schutz des Patienten und zur Vermeidung von Doppelvergabe oder Einnahme von Medikamenten, die nicht zusammen geschluckt werden sollten“, wie Herbek versichert. Die Software dazu wird noch heuer entwickelt, der Pilotbetrieb soll 2011 in Wien, Ober­österreich und Tirol starten.

Links

Economy Ausgabe 83-04-2010, 30.04.2010