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30. April 2024

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Wenig Liebe zu Kindern

Wenig Liebe zu Kindernpiqs.de/Catherine

Viele Hotels nützen Kinder, um deren Eltern im Urlaub kräftig zur Kasse zu bitten. Vom wirklich familienfreundlichen Urlaub sind wir in Österreich noch meilenweit entfernt. Ein Erfahrungsbericht.

Ohne Kinder zu verreisen ist in der Regel kein Problem. Da werden einem sogar noch Last- Minute-Angebote von der Reisebranche beinahe geschenkt „nachgeworfen“. Man bucht ein Doppelzimmer, und der Fall ist erledigt. Auch mit einem Kind ist das noch gut möglich, denn in fast jedem Doppelzimmer lässt sich ein Kinderbett unterbringen.
Die Schwierigkeit beginnt jedoch mit zwei Kindern. Und da rede ich noch gar nicht von einem Auslandsurlaub irgendwo in Griechenland oder Spanien, wo der Großteil der Zimmer meist traditionell nur für zwei Erwachsene und ein Kind buchbar ist. Auch in Österreich erlebt man auf der Suche nach Familienurlaubsangeboten Überraschungen. Mein Anspruch wäre ein geräumiges Appartement mit Halbpension – ein Trend, auf den die Hotellerie jetzt langsam zu reagieren beginnt. Auch andere Familien wollen sich gerade im Urlaub nicht 14 Tage lang in einem engen Doppelzimmer zu viert zusammenpferchen lassen. Aggressionen und Streit in der kostbarsten (und teuersten) Zeit des Jahres sind damit programmiert.
Die Lösung heißt Familienzimmer: Immer mehr Hotels und Gasthöfe bieten dergleichen jetzt mit abtrennbarem Schlafraum an – oder sogar Appartements inklusive Verpfl egung nach Wunsch. So weit, so gut.
Die Sache hat leider trotzdem einen Haken: Der für Familienzimmer von den Hotels verlangte Preis erscheint mir in den meisten Fällen mehr als überhöht. Ich sehe nicht ein, warum Familien damit quasi zur Melkkuh der Nation werden. Mit der oftmals propagierten Kinderfreundlichkeit in österreichischen Tourismusbetrieben ist es nicht weit her. Das beginnt bereits bei der Kinderermäßigung.

Kostenexplosion für Kinder
Manche Hotels, die sich als familienfreundlich bezeichnen, fordern bereits für Kinder unter zwei Jahren einen täglichen Pauschalsatz. Andere finden es ganz in Ordnung, wenn für Fünfjährige bereits 70 oder 80 Prozent des Vollpreises bezahlt werden sollen. Ein Hotel im Salzkammergut schrieb zwar im Angebot „Kinder unter sechs Jahren gratis“, bei genauerem Hinsehen zeigte sich aber, dass das Essen da nicht inkludiert war.
Ich bin gerne bereit, in den Urlaub Geld zu investieren, aber zu einem gutes Preis-Leistungs- Verhältnis. Und mit der Erwartung, dass Kinder unter sechs Jahren in der Hotellerie zu 100 Prozent kostenlos logieren sollten. Das wäre echte Kinderfreundlichkeit. Warum ist es nicht möglich, den familiären Urlaub zu fördern, durch Bund oder Länder?
Das würde einerseits den Tourismusbetrieben mehr Auslastung bringen, zweitens mehr Familien den gemeinsamen Urlaub ermöglichen und drittens auch den Tourismusregionen wirtschaftlich einiges an Mehrwert einbringen. Zwar boomt der Austro-Tourismus ohnehin, aber es fehlt an familiengerechten Angeboten. Abgesehen vom Übernachten lässt das Angebot für Kinder auch sonst sehr zu wünschen übrig: In den meisten Fällen ist in den Hotels ein Inklusiv-Gitterbett und ein Kinder-Hochstuhl selbstverständlich, aber der im Katalog angekündigte Spielplatz etwa ist meist dürftig und wenig ansprechend. Wirklich durchdacht ist das Angebot der Kinderhotels.
Leider sind hier die Preise unverschämt hoch. Für eine Woche sind mir rund 2000 Euro für zwei Erwachsene und zwei Kinder einfach zu viel Geld. Am Ende meiner Suche bin ich auf die gute, alte Sommerfrische in einem Ferienhaus verfallen: Wir werden Ende Juni zehn Tage auf einem wirklich netten, kindgerechten Bauernhof am Stubenbergsee in der Steiermark verbringen.

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2007

Christine Wahlmüller, Economy Ausgabe 30-06-2007, 07.07.2015