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30. April 2024

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Forschungsprojekt hilft Sehbehinderten und Blinden

Forschungsprojekt hilft Sehbehinderten und Blindenpiqs.de/Pedro Ribeiro Simõe

Neues FWF-Projekt mit Mikrochips und Retina-Implantaten.

Chip-basierte Retina-Implantate erlauben bisher nur eine rudimentäre Wiederherstellung der visuellen Wahrnehmung. Ein Projekt des Wissenschaftsfonds FWF zeigt nun auf, dass Anpassungen elektrischer Impulse das ändern könnten. Mittels zweier spezieller Sehzell-Typen, die unterschiedlich auf bestimmte elektrische Signale reagieren, entsteht ein Effekt, der das Sehen von Hell-Dunkel-Kontrasten verbessern könnte.

Eingeschränktes Sehen
"Blinde richtig sehend machen – das wird noch dauern", sagt Frank Rattay vom Institut für Analysis und Scientific Computing an der Technischen Universität Wien. "Doch bei bestimmten Erkrankungen des Auges gelingt es schon, ihnen mit Retina-Implantaten ein noch stark eingeschränktes Sehen zurückzugeben,“ so Rattay, einer der beteiligten Forscher.

Im Auge implantierte Mikrochips
Im Forschungsprojekt werden mittels im Auge implantierten Mikrochips Lichtsignale in elektrische Impulse umgewandelt, die anschließend Zellen der Netzhaut stimulieren. Problem ist, dass Zelltypen, die in einem funktionsfähigen Auge unterschiedlich auf Lichtreize reagieren, gleichmäßig stimuliert werden. Damit wird die Wahrnehmung von Kontrast stark vermindert.
"Doch könnte es gelingen", so Rattay, "durch spezielle elektrische Impulse die eine Zellart mehr als die andere zu stimulieren und so die Wahrnehmung von Kontrast zu steigern." Erste Ansätze dazu fand er mit seinem Team im Rahmen eines FWF-Projekts, wo er gemeinsam mit Shelley Fried von der Harvard Medical School und Eberhard Zrenner von der Universitätsklinik Tübingen die simulierten Ergebnisse durch experimentelle Befunde unterstützt.

Simuliert und stimuliert
Im Rahmen einer ausgeklügelten Computersimulation zweier Zelltypen des Auges zeigte sich, dass bei Auswahl spezieller elektrischer Impulse tatsächlich unterschiedliche biophysikalische Vorgänge in den beiden Zelltypen aktiviert werden können. Eine sogenannte monophasische Stimulation, bei der die elektrische Polarität des Signals vom Retina-Implantat nicht wechselte, führte bei einem Zelltyp zu einer deutlichen Depolarisierung.
"Depolarisierung bedeutet, dass die in Zellen vorherrschende negative Ladung kurzfristig in eine positive übergeht. So werden Nervenimpulse weitergeleitet,“ erläutert Rattay: In dem anderen Zelltyp war diese Ladungsumkehr deutlich schwächer. Weiters konnte das Team anhand der Simulation auch zeigen, dass die Konzentration des wichtigen Signalmoleküls Kalzium in den beiden Zelltypen bis zu vierfach unterschiedlich auf ein monophasisches Signal reagierte.
Gemeinsam mit anderen Erkenntnissen, könnte es gelingen die Performance zukünftiger Retina-Implantate durch die Modulation ihrer elektrischen Signale deutlich zu verbessern – mit dem Ziel Strategien zu entwickeln, die vielen Blinden das visuelle Erkennen von Gegenständen ermöglichen sollen.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe 999999, 20.05.2015