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26. April 2024

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Qualitätskontrolle live

Qualitätskontrolle live© Siemens

Die Digitalisierung im Pharmabereich steht noch am Anfang. Mit ihr können nicht nur teure Produktionsfehler vermieden werden, sie ermöglicht auch die Produktion maßgeschneiderter Medikamente.

Die Entwicklung neuer Arzneimittel ist kostenintensiv und zeitaufwendig. Zudem unterliegen die Herstellungsprozesse strengen gesetzlichen Vorschriften erfüllen. Ob das fertige Medikament mit den zuvor definierten Produktmerkmalen übereinstimmt, wird üblicherweise erst am Ende der Produktion überprüft. Treten Abweichungen auf, kann es zu Rückrufaktionen und Lieferengpässe kommen.

Parameter für Produktqualität
Produktspezifikationen von Medikamenten werden anhand kleiner Chargen im Labor ermittelt. In der Serienproduktion können aber neue Bedingungen auftreten, die zuvor nicht absehbar waren. Will der Hersteller den Produktionsprozess anpassen, müssen selbst geringfügige Änderungen erneut bei der Behörde eingereicht werden. „Daher ist es wichtig, genau zu definieren, welche Parameter für die Produktqualität maßgeblich sind und wann und auf welche Weise sie kontrolliert werden können“, sagt Martin Joksch, Leiter des Bioprozesslabor von Siemens Corporate Technology in Wien.
Das Siemens-Labor ist mit einem Demonstrator ausgestattet, der sämtliche Abläufe einer realen Prozessanlage simuliert. Interessierte Anwender können so das Zusammenspiel von Siemens-SIMATIC-Produkten anhand der voll funktionsfähigen Minianlage live verfolgen.

Prozessabläufe in Echtzeit

„Unser Ziel ist, die Prozessabläufe in der Pharmaindustrie effizienter und möglichst fehlerfrei zu gestalten“, erklärt Joksch. Während der Fermentation werden die Substanzeigenschaften erfasst. Dazu gehören beispielsweise pH-Wert, Sauerstoff- und Glucosegehalt, sowie Temperatur. Darüber hinaus werden je nach Aufgabenstellung zwischen 100 und 2.000 Messwerte erfasst und analysiert. Auf dieser Datenbasis entwickeln die Forscher statistische Modelle, die vorhersagen, wie sich die Parameter bei unterschiedlichen Prozessbedingungen verändern.
Das ermöglicht Herstellungsprozesse so zu steuern, dass die Produktqualität eingehalten werden kann. Tritt eine Abweichung auf, kann der Prozess auch ohne Betriebsunterbrechung nachjustiert werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Qualitätskontrolle findet nicht erst beim Endprodukt statt, sondern direkt im Prozessverlauf.
Künftig wird der Trend zur personalisierten Medizin die Fertigung kleiner Serien forcieren. Maßgeschneiderte Medikamente könnten die Wirkung von Arzneimitteln vorhersehbarer machen und Nebenwirkungen minimieren. Dafür müssen die Produktionsprozesse erheblich flexibler werden. Aber noch steht die Digitalisierung im Pharmabereich am Beginn.

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red/stem/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 05.07.2016