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26. April 2024

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Meister Langbein als Warnmelder

Meister Langbein als Warnmelderpiqs.de/elisabeth

Die Population der Störche sinkt – ein Alarmzeichen für die Verschlechterung der Lebensräume.

Burgenländischer Rotwein beim Heurigen, garniert mit der Idylle des Storchenpaares auf dem Schornsteinhorst: Das Idealbild eines Urlaubs im jüngsten österreichischen Bundesland könnte sich in Zukunft vielleicht verändern. Die Population der Weißstörche in ganz Österreich geht zurück. „Vor acht Jahren zählten unsere Beobachter 415 Horstpaare, im Vorjahr waren es nur noch 314“, meint dazu Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer von Birdlife Österreich. Die Gründe für das Ausbleiben der Störche lassen sich nach Angaben des Ornithologen nicht genau handfest machen. Probleme mit aufgelassenen Nahrungsgebieten in den afrikanischen Winterquartieren kommen dabei genauso in Frage wie auch schlechte Witterungsverhältnisse.
Eine Antwort erhofft sich Pfiffinger von der internationalen Storchenzählung, die alle zehn Jahre den gesamten Storchenbestand analysiert. Momentan spricht man in Expertenkreisen daher noch von Störungsjahren. Bleiben die Störche aber auch heuer aus, wäre das für den Birdlife-Experten tatsächlich beunruhigend. Schließlich sind Vögel sehr gute Indikatoren für Veränderungen im Ökosystem. „Genauso wie man mithilfe der Beobachtung von Heuschrecken oder Schnecken einzelne Wiesen und Landstriche auf Veränderungen prüfen kann, gibt das Monitoring von Zugvögeln Aufschluss darüber, wie sich ganze Landschaften verändern“, erklärt Pfiffinger. Auf die Störche bezogen, die alljährlich einen 10.000 Kilometer langen Zugweg von Europa nach Südafrika zurücklegen, deckt man damit eine Vielzahl an Lebensräumen ab.

Satelliten-Kontrolle
Bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts sind diese Flugrouten der Weißstörche bekannt. Da die Vögel Gleiter sind und nicht via Ruderflug das Mittelmeer auf dem Weg nach Afrika überqueren können, teilen sich die Störche in zwei Gruppen auf. „Die Ostzieher fliegen entlang des Bosporus nach Afrika, die Westzieher nehmen den Weg über Spanien und setzen bei Gibraltar über das Meer über. Diese Zugscheide verläuft dabei in etwa mitten durch Deutschland“, erklärt Ornithologe Pfiffinger.
Das Monitoring der Störche wird mittlerweile mithilfe moderner Telemetrie durchgeführt. Den Tieren wird ein Sender implantiert, und die Wissenschaftler wissen somit, wo sich der Herr der Lüfte gerade aufhält – gegenüber der früher üblichen Beringung der Vögel ein Vorteil. „Jetzt können wir Hunderte Male im Jahr ablesen, wo sich das Tier befi ndet“ – auch eine Satellitentelemetrie zur permanenten Beobachtung ist angedacht. Damit soll den Störchen das Überleben gesichert werden. Schließlich brauchen sie auf ihren Zugwegen Rast- und Futterplätze und dabei vor allem Überschwemmungsgebiete und Feuchtwiesen.
Ändert sich die Landschaft durch die Regulierung von Flüssen oder eine zu dichte Verbauung, wird der Lebensraum massiv eingeschränkt. „Wie wichtig ein funktionierendes Ökosystem für Störche ist, zeigt der Bruterfolg. In fantastischen Gebieten wie am kroatischen Save-Fluss schaffen es die Störche auf fünf Jungvögel pro Saison. In Österreich liegen wir im Durchschnitt bei 1,69 Jungvögel“, erklärt Pfiffinger. Doch längst ist die sinkende Population kein alpenrepublikanisches Phänomen mehr. Immer mehr Vogelschutzgebiete werden definiert, und sogenannte „Natura 2000-Gebiete“, wie entlang des Pielach-Flusses in Niederösterreich, haben laut Pfi ffi nger ein „Verschlechterungsverbot“. In Österreich hat man aber zusätzlich mit einem typischen Problem zu tun – dem immerwährenden Kompetenzstreit: „Naturschutz ist in unserem Land noch immer Sache der Länder. Bei diesem internationalen Problem stellt sich die Frage, ob das noch zeitgemäß ist. Wir brauchen hier zumindest eine nationale, noch besser aber eine internationale Stelle zur Regelung des Vogelschutzes.“

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2007

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Gregor Lohfink, Economy Ausgabe 32-04-2007, 10.07.2015