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26. April 2024

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Im Konflikt mit der Mobilität

Im Konflikt mit der Mobilitäteconomy.at

Mitarbeiter brauchen mehr als Notebook und Firmen-Handy, um flexibel zu operieren.

Berufsnomaden bevölkern unsere westliche Welt, meinen Analysten. Laut Gartner sind 45 Mio. Beschäftigte so genannte Road Warriors, die Tag und Nacht auf ihre Daten zugreifen (müssen). Christian Stary von der Johannes Kepler Universität Linz geht davon aus, dass 60 Prozent dieser Benutzer mit portablen PC versorgt sind. Eine telefonische Umfrage der Linzer Market unter 800 Personen ergab, dass jeder vierte Österreicher ein Notebook besitzt. Bei den 18- bis 29-Jährigen ist es ein Drittel, bei den 30- bis 39-Jährigen 21 Prozent. „Die Bildungseliten mit Maturabeziehungsweise Uni-Abschluss haben bei neuen Technologien die Nase vorn, das gilt auch für unsere Studie“, sagt Marktforscher David Pfarrhofer.
Trotz der Ausstattung mit tragbaren Rechnern sind die Befragten wenig mobil. Knapp 60 Prozent der Umfrageteilnehmer sitzen mit ihrem flexiblen Werkzeug an einem fixen Arbeitsplatz. Für ergonomisches Zubehör geben die Unternehmer nur selten Geld aus. Externe Festplatte, Tastatur oder gar eine Tasche für den sicheren Transport des Firmen-Notebooks fehlen den Mitarbeitern in der Regel. An Ergonomie wagen die Befragten gar nicht zu denken. Von einem zusätzlichen Monitor oder einer gelenkschonenden Halterung zur Schrägstellung des Notebooks dürfen sie nur träumen. Dabei wünscht sich – ganz im Sinne des Herstellers HP, der die Studie beauftragte – „jeder zweite Mitarbeiter mehr Zubehör“, sagt Pfaffhofer.

Arbeitsreiche Freizeit
Den Seinen gibt’s HP recht brav und zahlt für mobiles Equipment im Schnitt 1.800 Euro pro Nase. Laut Pressesprecherin Barbara Werwendt sind 90 Prozent der rund 800 österreichischen HP-Mitarbeiter mit Notebooks ausgerüstet. Mobilität koste ein Klein- und Mittelunternehmen „1.300 bis 1.500 Euro pro perfektem Arbeitsplatz“, so Werwendt. Für 1.300 Euro legt Mitbewerber Fujitsu Siemens Computers noch ein Handy drauf. Ein Stand-PC mit 17-Zoll-Monitor kommt laut Managing Director Wolfgang Horak auf zirka 850 Euro.
Auf den ersten Blick ist die fixe Variante um runde 50 Prozent billiger. Unternehmer profitieren aber davon, dass ihre Mitarbeiter aufgrund der Verfügbarkeit der Gerätschaft ihre Arbeitszeit freiwillig und mitunter unbezahlt in die Abendstunden verlängern. Die höheren Anschaffungskosten rentieren sich somit auf Umwegen. Rudolf Gruber, Produkt-Manager für mobile HP-Geräte, geht aufgrund von Studien davon aus, dass „mobiles Arbeiten zusätzliche sechs Stunden pro Woche und damit um 13 Prozent mehr Produktivität bringt“.
Vor allzu großer Euphorie sei gewarnt. Nur zehn Prozent der Beschäftigten können von außen auf das Firmennetz zugreifen. Einer Umfrage von Arthur D. Little und Ericsson zufolge waren es im Vorjahr in Deutschland 16,4 Prozent und beim Spitzenreiter Schweiz immer noch magere 18,7 Prozent. Ohne diese Konnektivität schaut es mit dem Abarbeiten rasch zugestellter Auftragsbotschaften schlecht aus.
An der mobilen Breitbandvernetzung kann dies nicht liegen, denn Österreich ist hier europaweit Pionier, konstatiert die Studie. Dass die Preise pro Megabyte um 90 Prozent gesunken sind, macht das Thema ebenfalls heiß, weiß Karim Taga, Geschäftsführer von Arthur D. Little. Um Mitarbeiter mit mobilem Equipment oder gar Unternehmenslösungen auszustatten, bedarf es jedoch einiger Überzeugungskraft, sagt Taga. Kleinund Mittelbetrieben spricht er ein „höheres Maß an Flexibilität“ zu, weil eine geringere Anzahl von handelnden Personen die Entscheidungswege deutlich beschleunigt. „Das mangelnde Sicherheitsdenken mobiler Mitarbeiter“ hält Wolfgang Horak von Fujitsu für eines der Hauptrisiken.
Mitunter stößt Mobilität an ganz massive Grenzen. So schirmt historisches Wiener Mauerwerk Berufsnomaden immer wieder mit Erfolg von der Arbeit ab.

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2006

Rita Michlits, Economy Ausgabe 10-05-2006, 13.04.2015