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26. April 2024

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Den gesellschaftlichen Stoffwechsel reduzieren

Den gesellschaftlichen Stoffwechsel reduzierenpiqs.de/phileos

Die Weltbevölkerung verbraucht jährlich 68 Milliarden Tonnen Materialien. Ein Projekt des Wissenschaftsfonds FWF soll realistische Prognosen des globalen Ressourcenverbrauchs erlauben.

In diesem wird ein Modell entwickelt, das es erlaubt, globale Materialflüsse vom Aufkommen bis zur Entsorgung und Wiederverwertung im Zusammenhang mit Materialbeständen zu ermitteln - von der Ressourcenentnahme bis hin zu den resultierenden Abfällen und Emissionen.
Große Mengen von Material und Energie stecken in so alltäglichen Geräten wie Espressomaschine, Wasserkocher oder Haarfön. „Der steigende globale Ressourcenverbrauch führt unseren Planeten an die Grenzen der Belastbarkeit. Um drastische Folgen für die Lebensqualität zu vermeiden, sind tiefgreifende umwelt- und wirtschaftspolitische Maßnahmen erforderlich, die den gesellschaftlichen Stoffwechsel deutlich verringern", sagt Fridolin Krausmann vom Institut für Soziale Ökologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Ein bedeutender Faktor, nämlich die Materialbestände, die bereits in Infrastrukturen, Gebäuden und langlebigen Gütern gebunden sind, wurde bislang vernachlässigt. Es fehlten schlicht die Daten. Ein Projekt des Wissenschaftsfonds FWF liefert nun erstmals eine umfassende Abschätzung dieser globalen Materialbestände. Dadurch können auch deren langfristige Wirkungen auf die Ressourcenflüsse modelliert werden.

Fossilzeitalter
Das Projekt wirft einen weiten Blick zurück: „In der agrarischen Gesellschaft war die Sonnenenergie die energetische Basis. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Sonne durch fossile Energieträger wie Kohle und später Erdöl abgelöst“, sagt Krausmann. „Und nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich infolge von Massenproduktion und dem wegwerforientierten Konsum der Gesamtverbrauch an Ressourcen dann verdoppelt und verdreifacht.“
Das Projekt untersucht für verschiedene Weltregionen, wie sich diese Veränderungen im Ressourcenverbrauch in den Materialbeständen niederschlagen und wie diese Bestände wiederum den zukünftigen Ressourcenverbrauch beeinflussen. Das Projekt erfasst global sowie für elf Weltregionen sämtliche Materialbestände und -flüsse von 1900 bis 2010. Dabei wird zwischen 65 Materialgruppen differenziert.
Das Modell ermöglicht es, den zu erwartenden Materialbestand und das Abfallaufkommen zu einem definierten Zeitpunkt zu berechnen und damit auch das Recyclingpotenzial festzustellen. Krausmann entwirft so bis 2050 reichende Stoffwechselszenarien. Diese Erkenntnisse helfen politischen Akteuren, um plausible Reduktionsziele festzulegen und eine nachhaltige Ressourcennutzung zu planen.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 18.11.2015