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16. Juni 2024

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„Smart Drugs machen nicht klüger“

„Smart Drugs machen nicht klüger“piqs.de/nep

Eine Diskussionsveranstaltung zum Neuro-Enhancement zeigte, dass der angelsächsische Trend noch nicht bei uns angekommen ist.

Neuro-Enhancement, also die Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit durch Medikamente, ist im angloamerikanischen Raum ein viel beachtetes Thema. Dem steht der Befund entgegen, dass sogenannte „Smart Drugs nicht klüger machen.“ Das erklärte die Neurowissenschafterin Ilina Singh von der Oxford University kürzlich in Wien.
Im Rahmen des von der EU geförderten internationalen Forschungsprojekts NERRI, an dem auch das Institut für Technikfolgenabschätzung (ITA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und die Universität Linz beteiligt waren, haben Singh und ihre Kollegen die ersten Untersuchungen in Großbritannien durchgeführt.
Ergebnis: Lediglich zehn Prozent der befragten Studenten gaben an, bereits einmal zu solchen Methoden gegriffen zu haben. Weniger als ein Prozent erklärte, das regelmäßig zu tun. Einige gaben allerdings an, dass sie beispielsweise öfter zu Ritalin greifen würden, wenn es leichter zu bekommen wäre.

Leistungsdruck
„Manche Studenten verspüren Druck, weil sie glauben, dass andere Neuro-Enhancement betreiben“, sagte Singh. Dem stehe aber der Befund entgegen, dass die Mittel die kognitive Leistung nicht erhöhen, sondern eher längeres Lernen ermöglichen, in gewissem Ausmaß die Ablenkbarkeit unterdrücken und die Motivation heben. „Alleine das könnte für Studenten ja schon attraktiv sein“, sagte Singh. Studien zu Ritalin zeigen aber, dass die Nutzung des Medikaments auch die Fehlerquote erhöhe.
Problematisch sei, dass es bisher keine großflächigen Studien zur Wirkung und Verbreitung solcher Methoden gebe. In Großbritannien begreift die Politik das Thema trotzdem als eine Frage der zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Davon sei man in Deutschland und Österreich aber weit entfernt.

Große Skepsis
In Deutschland dagegen drehe sich der Diskurs stärker um die Problematik der Anpassung des Menschen an die gestiegenen Anforderungen der Arbeitswelt und welche gesellschaftlichen Auswirkungen damit einher gehen, sagte der Soziologe Jürgen Hampel von der Universität Stuttgart.
„Noch viel weniger Diskurs gibt es in Österreich“, erklärte die Arbeits- und Sozialpsychologin Nicole Kronberger von der Uni Linz. Öfters hätten die Forscher die Aussage gehört, dass das hierzulande noch kein Thema sei, es aber in Zukunft aus Großbritannien oder den USA auch auf Österreich überschwappen könnte.

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APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 23.02.2016