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27. September 2024

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Wenn Konzerne weniger als ein Prozent Steuern zahlen

Wenn Konzerne weniger als ein Prozent Steuern zahlen© Pexels.com/olly

EU-Land Irland muss nach aktuellem Urteil des EU-Gerichtshofs vom US-Konzern Apple 13 Milliarden Euro an unzulässigen Steuervergünstigungen einziehen. Attac fordert weitere Maßnahmen gegen Steuerdumping internationaler Konzerne.

(red/czaak) Irland muss 13 Milliarden Euro plus Zinsen an unzulässigen Steuervergünstigungen von Apple einziehen. So lautet das bereits lange erwartete und finale Urteil, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) soeben im Berufungsverfahren der EU-Kommission rund um die irischen Steuerregelungen für Apple bekanntgegeben hat.

„Die EU-Kommission hat zwar einen faulen Apfel aussortiert, doch die internationalen Steuerregeln sind weiterhin faul und löchrig. Sie ermöglichen es, dass Fälle wie Apple die Regel sind“, kommentiert David Walch von Attac Österreich. Für Attac ist das europäische Wettbewerbsrecht jedenfalls nicht ausreichend, um dem Steuerdumping der Konzerne wirkungsvoll zu begegnen.

Kampf gegen Konzernsteuertricks muss politisch und nicht juristisch erfolgen
„Würden die internationalen Steuerregeln funktionieren, wären keine 10 Jahre langen Gerichtsverfahren nötig, um zu klären, ob es legal ist, dass Konzerne weniger als 1 Prozent Steuern auf künstlich verschobene Gewinne zahlen. Der Kampf gegen Konzernsteuertricks muss daher politisch und nicht juristisch gewonnen werden“, betont David Walch.

Mit dem heutigen Urteil bleibt auch die Frage offen, warum Steuern auf Apple-Gewinne, die auf der ganzen Welt erwirtschaftet werden, nur Irland zustehen. In einem fairen Steuersystem würde das Steuerrecht gerecht zwischen allen Ländern aufgeteilt, in denen die Konzerne wirtschaftlich tätig sind. "Wir brauchen dringend eine grundlegende Reform für ein transparentes, gerechtes und wirksames Steuersystem“, so Walch.

Gesamtkonzernsteuer versus Versteuerung globaler Gewinne in nur einem Land
Um Konzerne endlich dort gerecht zu besteuern, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften, fordert Attac eine Gesamtkonzernsteuer. Dabei werden Konzerntöchter auf Basis des global erzielten Gewinns eines Konzerns besteuert. Dieser Gewinn wird je nach realer Wertschöpfung anteilig auf Länder aufgeteilt und dann entsprechend besteuert. Kombiniert mit einem echten Mindeststeuersatz von 25 Prozent hätten die Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne damit ein Ende.

Auch die aktuell in der EU umgesetzte Mindeststeuer für Konzerne ist für Attac keine Lösung. „Sie schränkt Gewinnverschiebungen nicht ein und anders als behauptet können Konzerne damit auch in Zukunft nicht einmal 15 Prozent Steuern zahlen, sondern deutlich weniger“, so Attac in einer Aussendung. Dazu komme, dass die Mindeststeuer „das internationale Steuerdumping zwischen den Staaten sogar noch weiter anheize.“

Die Entwicklung der Apple-Causa
Nach Anhörungen im US-Senat, in denen Apple beschuldigt wurde, über seine irischen Unternehmen Steuern zu hinterziehen, begann die Europäische Kommission (EK) 2013, Irland um Informationen über Steuervorbescheide zu Steuervereinbarungen mit zwei Apple-Unternehmen zu bitten. Im Jahr 2014 folgte dann eine förmliche Untersuchung der angeblichen staatlichen Beihilfen Irlands für Apple.

Im Jahr 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Entscheidung, dass die von Irland an Apple gewährten Steuervereinbarungen dem Unternehmen einen unlauteren Steuervorteil verschafften, den alle anderen Unternehmen nicht hatten und dass es sich dabei um eine rechtswidrige staatliche Beihilfe handelte. Die Europäische Kommission schätzte, dass Irland ca. 13 Mrd. Euro zuzüglich Zinsen von Apple zurückfordern sollte. Die EK gab Irland vier Monate Zeit, um diese Summe zurückzufordern.

2017 erfolgte Klage der EU-Kommission
Ende 2016 riefen Irland und Apple getrennt voneinander das Gericht der EU an und beantragten die Nichtigerklärung der Entscheidung und der Rückforderungsanordnung. Im Jahr 2017 verklagte die Kommission Irland vor dem Gerichtshof, weil es die 13 Mrd. Euro nicht zurückgefordert hatte. Im Jahr 2018 hinterlegte Apple den Betrag auf einem Treuhandkonto, bis das Ergebnis der Gerichtsverhandlungen vorliegt. Die Anhörungen fanden Ende 2019 vor dem EuGH statt.

Im Jahr 2020 hob das Gericht der EU die Entscheidung der Europäischen Kommission auf und stellte fest, dass die Kommission nicht ausreichend nachgewiesen hatte, dass Apple einen selektiven Vorteil hatte. 2021 legte die Europäische Kommission gegen die Entscheidung der Vorinstanz Berufung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Ende 2023 veröffentlichte Generalanwalt Pitruzzella seine Schlussanträge zu diesem Fall. (red/czaak ; die Redaktion dankt Attac für die zur Verfügung gestellten Informationen zur Historie der Causa)

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 17.09.2024