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16. April 2024

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„Jetzt geht es erst richtig los.“

„Jetzt geht es erst richtig los.“©Credit: Wirecard AG; Der Wirecard Vorstand mit Alexander von Knoop (CFO), Markus Braun (CEO, CTO), Susanne Steil (CPO) und Jan Marsalek (COO); v.l.n.r.

Fintechkonzern Wirecard wird statt Commerzbank im Leitindex DAX der Deutschen Börse aufgenommen.

Markus Braun, Österreichischer Vorstandschef der erst vor 19 Jahren gegründeten Wirecard AG, prognostiziert für Zukunft noch größere Wachstumsdynamik. Neben digitalen Zahlungsabwicklungen steht dabei auch die erst kürzlich gestartete Blockchain-Technologie für die Digitalisierung kompletter Wertschöpfungsketten im strategischen Fokus. Damit eröffnet sich Wirecard branchenübergreifend und weltweit alle Unternehmen, Institutionen sowie die öffentliche Verwaltung als Zielgruppe.

(Christian Czaak) Nach einer vergleichsweise einzigartigen Börsenrallye des digitalen Payment-Spezialisten Wirecard mit rd. + 170 Prozent Kurszuwachs im letzten Jahr oder rd. 435 Prozent in den letzten drei Jahren (Stand Montag, 10.9.2018 – 19 Uhr) wechselt der internationale Dienstleister für elektronische und mobile Zahlungsformen in den Leitindex des deutschen Aktienmarkts. Im Gegenzug muss das seinerzeitige Dax-Gründungsmitglied Commerzbank den Platz frei machen. Ab 24. September 2018 wird die bisher im Tec-Dax notierte Wirecard die (klassische) Großbank Commerzbank in der Top-Liga der europäischen Finanzbörsen ablösen.
Relevant für die Aufnahme in den erlauchten Kreis der 30 Top-Konzerne im Deutschen Aktienindex sind Börsenumsatz bzw. Handelsvolumen sowie Börsenwert und Marktkapitalisierung des jeweiligen Unternehmens. Beim Börsenwert etwa hatte Wirecard zuletzt nicht nur die Commerzbank (weit) überholt, sondern auch die Deutsche Bank hinter sich gelassen. Derartige Index-Änderungen sind primär für Fonds wichtig, die Börsen-Indizes exakt nachbilden, etwa sogenannte ETFs. Hier wird dann entsprechend umgeschichtet, was im Normalfall entsprechenden Einfluss auf die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen hat.

Wachstum bei Umsatz und Gewinn wird sich noch beschleunigen
„Ich glaube, dass die nächsten zehn Jahre an Wachstumsdynamik die letzten zehn Jahre bei weitem in den Schatten stellen werden. Der Einzug in den DAX ist für uns nur ein Zwischenschritt“, kommentierte Vorstandsboss Markus Braun gegenüber Reuters die aktuelle Entwicklung. Angesprochen auf das Gefühl von Stolz in Blickrichtung der Verdrängung der Commerzbank meinte Braun: „Stolz ist ein Thema der Rückschau, wir schauen in die Gegenwart und stark in die Zukunft.“
Die aktuellen mittelfristigen Prognosen sagen die Verdoppelung des Umsatzes auf mehr als drei Milliarden Euro bis 2020 voraus. 30 bis 35 Prozent sollen davon als Betriebsgewinn übrig bleiben. Im laufenden Geschäftsjahr soll etwa der Betriebsgewinn von zuletzt 413 auf bis zu 560 Millionen Euro anwachsen. Braun sieht sich auch durch die Geschäftsentwicklung im aktuellen Quartal bestätigt. „Das stützt die Prognose und macht uns sehr optimistisch“, so der Österreicher, der in Wien in Sozial- und Wirtschafts-Wissenschaften promovierte und über viele Jahre an TU- und Uni-Wien im Bereich der angewandten Computer-Wissenschaften forschte und 2002 von der KPMG-Consulting zu Wirecard kam.

Österreichische Expertise und internationale Partnerschaften
Angesprochen auf die weitere strategische Positionierung, kündigt Markus Braun die Konzentration auf organisches Wachstum an und weitere Kooperationen mit verschiedenen Branchenbereichen. Banken und Finanzdienstleister seien dabei Partner und keine Konkurrenten, etwa wie die französische Großbank Credit Agricole oder Versicherungen und zu den Partnerunternehmen gehören auch IT-Konzerne wie Apple oder Microsoft. Neben Braun sind beim Wirecard Konzern auch weitere Österreicher im Management. Im Vorstand sitzen noch Susanne Steidl und Jan Marsalek und die in Österreich ansässige Wirecard CEE führt der Kärntner Roland Toch als Managing Director.
Die 1999 gegründete Firma aus dem Münchner Vorort Aschheim beschäftigt sich mit innovativen Dienstleistungen rund um die Abwicklung von Zahlungen im Internet sowie über mobile Endgeräte (E- und M-Commerce). Bestandteil sind dabei auch gut eingeführte Zahlungsarten anderer Nationen und Kulturen wie etwa WeChat oder Alipay, die beide stark im asiatischen Raum verwendet werden und über Wirecard dann etwa auch von österreichischen Händlern oder Tourismusbetrieben für asiatische Gäste angeboten werden können.

Zukunftsträchtige Blockchain-Technologie
Zuletzt wurde mit der zukunftsträchtigen Blockchain-Technologie ein komplett neues Segment eröffnet, welches weltweit Unternehmen und Institutionen aus nahezu allen Branchen sowie die öffentliche Hand für nahezu alle Beschaffungs- und Abrechnungsvorgänge verwenden können (economy berichtete). Wirecard konzentriert sich zum Start auf die Verknüpfung von Händlern und Produzenten um alle Geschäftsprozesse fälschungssicher in sogenannten "Smart Contracts" zu erfassen.
Diese Smart Contracts sind digitale Verträge auf der Basis von Blockchain-Technologien und erstrecken sich von der Produktion über den Handel bis zur Zahlungsabwicklung. Hier sind alle Schritte von Wertschöpfungsketten, von Vertrag über Qualitäts-Sicherung und Logistik bis zu Herkunftsgarantie und Bezahlung in einer dezentralen Datenbank abgebildet. Die Digitalisierung erreicht damit de facto alle weltweiten Warenwirtschaftsströme, wo bis dato noch sehr viele Prozesse analog passieren.

Links

Reuters/Onvista/red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 10.09.2018