Durchbruch bei Umrüstung auf erneuerbare Energieformen in urbanen Gebäuden

Unternehmen Roots Energy entwickelt modulares Baukastensystem für erneuerbare Energielösungen in bestehenden Gebäuden. Erstmals schrittweise Umrüstung zu deutlich reduzierten Kosten möglich. Empfehlung von Klimafonds und Stadt Wien als Vorzeigeprojekt
(red/czaak) In Wien wurde gestern ein neuer Meilenstein für die Umrüstung auf erneuerbare Energieformen in bestehenden Gebäuden etabliert: Das Wiener Technologieunternehmen Roots Energy hat mit seinem „Roots Haus“ sein neues Hauptquartier eröffnet und damit europaweit das erste Reallabor für die modulare Umstellung auf erneuerbares Heizen und Kühlen im urbanen Immobilienbestand.
Im neuen „Roots Haus“ wird auf sechs Etagen und fast 1.000 m2 Fläche das spezielle Roots System gezeigt und künftig laufend weiterentwickelt. Mit dieser innovativen Entwicklung ist nun erstmals eine schrittweise und individuell passgenaue Umrüstung von fossilen auf erneuerbare Heizlösungen in bewohnten Wohnhausanlagen zu deutlich reduzierten Kosten möglich.
Die urbane Energiewende wird zur Realität
Der bewohnte, mehrgeschoßige Gebäudebestand schien lange als kaum lösbares Problem der Wärmewende: Komplexe Technik, hohe Kosten, rechtliche Hürden und unterschiedliche Vorstellungen der EigentümerInnen ließ eine Heizungsumstellung meist nicht realisierbar zu machen. Genau hier setzt das Roots System an. Zentrale Kessel und dezentrale Gasthermen werden schrittweise durch ein Wärmesystem ersetzt, das auf unterschiedliche Umweltwärmequellen wie Luft und Erde in der Umgebung des Wohngebäudes zurückgreift.
„Wir zeigen, dass die Heizungsumstellung im Bestand einfach umsetzbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir standardisieren, was bisher jedes Mal neu gedacht werden musste – damit Planer entlastet und Installationen einfacher und günstiger werden“, betont Gerald Stangl, Co-Geschäftsführer von Roots Energy.
Bewährte Technik als flexibles Baukastensystem neu gedacht und umgesetzt
Technologisch betrachtet arbeitet das Roots System mit bekannten Energieformen wie Umweltwärme aus Erde und Luft, Wärmepumpen oder Soleleitungen. Der Unterschied liegt in der Modularisierung und Standardisierung. Alles, was eine Heizungsumstellung bislang aufwendig, teuer und oft unmöglich gemacht hat – die Auslegung, die zentrale Hydraulik sowie Mess-, Steuer- und Regeltechnik – wird bei Roots in standardisierte Produkte überführt und als System-Baukasten zur Verfügung gestellt.
Im ersten Schritt wird die Energie über ein sogenanntes Solenetz bezogen und verteilt. Dies ist ein einfach zu verlegendes Leitungsnetz, das jedes Gebäude versorgt. Einfache Kaltwasserleitungen werden parallel zur Gasversorgung durch das Haus vor jede Wohnung gezogen. Eine aufwendige Kernsanierung ist keine Vorbedingung. Wurde die Wohnung zuvor mit einer dezentralen Gastherme beheizt, so erhält jede Wohneinheit einen Anschlusspunkt, an den eine kompakte Sole-Wärmepumpe mit Warmwasserspeicher (Anm. die sogenannte Soletherme) angeschlossen werden kann.
Roots·Hub als kompakte Einheit für Hydraulik, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
Dies erfolgt an derselben Position wie das Bestandsgerät. Die BewohnerInnen entscheiden dann in einem zweiten Schritt selbst, wann sie umsteigen wollen. Dank dieser Systematik kann die Umstellung schon bei der Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentumsgemeinschaft erfolgen, es braucht keine 100 Prozent Zustimmung mehr, woran viele Projekte in der Vergangenheit gescheitert sind.
Das Herzstück des Systems ist der sogenannte Roots·Hub, eine kompakte Einheit für Hydraulik, Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Für die Energiequellen wird meist eine Kombination aus Erd- und Luftwärme eingesetzt. Das erhöht die Effizienz und ermöglicht auch das Kühlen. Die Luftwärme wird durch den Roots·Absorber aufgenommen, ein geräuschloses, bewilligungsfreies Produkt, das sich besonders gut für den Einsatz im urbanen Raum eignet.
Roots Haus kombiniert Labor, Treffpunkt und Leuchtturmprojekt
Das Roots Haus als neues Hauptquartier des Unternehmens ist ein ökologisch saniertes Gebäude aus den 1970er Jahren, in dem das gesamte Roots System verbaut wurde und ab nun auch weiterentwickelt wird. An seinem Standort in der Linzer Straße 76 im 14. Wiener Gemeindebezirk lässt sich somit das Roots-System in seiner Gesamtheit erleben – von der Umweltwärmequelle über das Solenetz bis hin zur Wärmepumpe in der Wohnung.
„Wir haben mit dem Roots Haus einen Ort geschaffen, an dem man die Wärmewende nicht nur verstehen, sondern auch erleben kann – mitten in einem typischen Wiener Bestandsgebäude. Damit beweisen wir: Erneuerbare Systeme sind im Wohnbereich fossilen Heizungen in jeder Hinsicht überlegen“, sagt Hüseyin Özcelik, Co-Geschäftsführer von Roots Energy. „Sie heizen genauso zuverlässig, ermöglichen Kühlen und sind deutlich günstiger im Betrieb“, betont Özcelik.
Nominierung als Musterhaus von Klimafond und als Vorzeigeprojekt von Stadt Wien
Das neue Roots-Haus dient aber nicht nur als Entwicklungszentrum und Büro für das Team, sondern auch als Treffpunkt für die Wärmewende-Szene und als Schulungsort für FachplanerInnen. Es wurde vom Klimafonds als Musterhaus gefördert und bildet den typischen urbanen Gebäudebestand in Mitteleuropa realitätsnah ab.
Derzeit setzt Roots mehrere Projekte in Wien und Salzburg um. Das Unternehmen bereitet aktuell die Skalierungsphase vor. Im Fokus stehen institutionelle Eigentümer, Fachplaner und Bauträger österreichweit. Auch eine Expansion in den deutschen Markt ist geplant. Auch die Stadt Wien beschreibt Haus wie Projekt als Vorzeigebeispiel für nachhaltige energetische Gebäudesanierung.