Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

28. März 2024

Search form

Search form

„Ich bin mit dem weltoffenen liberalen Geist des Standard aufgewachsen.“

„Ich bin mit dem weltoffenen liberalen Geist des Standard aufgewachsen.“© Martin Kotysek_Twitter_privat

Martin Kotynek tritt seinen Job als neuer Chefredakteur des Standard an und stellt sich den aktuell knapp 6,5 Mio. Lesern und Usern (*) von Tageszeitung und Internet-Ausgaben mit offenem Brief vor.

In dem Schreiben erläutert der neue Chefredakteur seine Sichtweisen zu den aktuellen Aufgaben eines Qualitätsmediums und am Schluss lädt Kotynek die Standard-Leser zu persönlichen Gesprächsrunden ein. Er startet damit eine neue österreichweite Dialogoffensive zwischen Journalisten und ihren Lesern, möglicherweise als erstes Signal für die nötige Wiederfindung einer gemeinsamen Augenhöhe und für die Wiederbelebung der von Oscar Bronner bereits bei der Gründung 1988 vorgegebenen und gleichlautenden Leitlinie („Auf Augenhöhe mit dem Leser“).

Qualitätsmedien als Basis in Ausbildung und Profession
Martin Kotynek wurde von Standard-Gründer und Aufsichtsrat Oscar Bronner sowie Vorstand und Bronner-Sohn Alexander Mitteräcker nach dem Abgang von Alexandra Föderl-Schmid als neuer Chefredakteur geholt. Der 34-jährige Kotynek stammt aus Perchtoldsdorf bei Wien, studierte Neurowissenschaften in München und startete dort auch seine journalistische Karriere bei der Süddeutschen Zeitung (SZ).
Er wurde Chef vom Dienst beim Wissenschaftsmagazin „SZ-Wissen“ und wechselte sodann als leitender Journalist in die Tageszeitungs-Redaktion der SZ. 2012 folgt der Wechsel in das Investigativressort der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ in Hamburg, danach befasst er sich als Knight Journalism Fellow an der Uni Stanford im Silicon Valley mit Themen wie Innovationsmanagement und Leadership im Journalismus, wird mit Juli 2014 stv. Chefredakteur von „Zeit-Online“ in Berlin und bleibt das bis zum aktuellen Wechsel nach Wien.

Investigativjournalist, Blattmacher und Digitalprofi als Aufgabenprofil für jüngsten Chefredakteur Österreichs
Anlässlich seines Engagements wurde Kotynek von den Standard-Eigentümern mit Investigativjournalist und Blattmacher und Digitalprofi gleich einmal ein überaus umfangreiches Aufgabenprofil verpasst und im aktuellen Antrittsschreiben erläutert der nunmehr jüngste Chefredakteur eines österreichischen (zumindest) Publikumsmediums seine Sichtweisen genauer.
„Qualitätsjournalismus ist dann zeitgemäß, wenn er sich nicht als starre Institution begreift, die stets alles besser weiß, predigt und belehrt, sondern mit Empathie zuallererst sucht, fragt und zuhört. So können wir als Journalisten verstehen, welche Bedürfnisse die Menschen haben, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen, bei welchen Themen es Unklarheiten gibt“, so eine der zentralen Botschaften Kotynek. Und: „Wir als Journalisten können den Menschen helfen die Fakten zu kennen und sich einen Reim auf diese komplexe Welt zu machen.“

Kontinuierlicher Dialog mit Lesern und Usern
Abschließend lädt Kotynek Interessierte in Wien und in den Bundesländern zu persönlichen Gesprächsrunden ein und bringt damit einen Trend aus Deutschland nach Österreich. „Die Zeit“ hat dort vor drei Jahren einen umfangreichen Dialogprozess mit ihren Lesern gestartet und dazu gehören auch persönliche Besuche und Gespräche der gesamten Zeit-Redaktion bis rauf zum Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in ganz Deutschland.
„Bei meiner Arbeit baue ich von Anfang an auf die Klugheit unserer Leser und User“ lautet der Abschluss des Kotynek-Briefes. Diese proaktive Einbindung der Nutzer ist beim Online-Standard unter Leitung seiner Chefin Gerlinde Hinterleitner von der Innovation Ende der 1990er Jahre zur erfolgreich ausgebauten Tradition geworden. Die Internet-Ausgaben des Standard haben mit aktuell rund 6 Mio. LeserInnen (* Unique Clients, Öst. Webanalayse Oktober 2017) wahrscheinlich weltweit die größte Online-Community unter den Publikumsmedien.
Kotyneks Herausforderung ist nun primär den gedruckten Standard wieder an die Grundtugenden eines Qualitätsmediums zu erinnern und vor allem die in vielen Bereichen (auch im Verlag) verloren gegangene Innovation zu erneuern. Rund 450.000 aktuelle LeserInnen der Zeitung (* Mediaanalyse 2016/17) und ein ehemaliger Leser sind gespannt.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 10.11.2017