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25. April 2024

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Outsourcing auf geteilten Plattformen

Outsourcing auf geteilten PlattformenMedwed; Grafik:Sharka

Nur jeder achte Betrieb in Österreich nutzt die Vorteile von Cloud Computing, um dadurch seine Produktivität und sein Entwicklungspotenzial zu steigern bzw. um sich besser auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können.

Die Erber Group, ein heimischer, global agierender Futter- und Lebensmittel-Produzent, ist eines dieser innovativen Unternehmen. CIO Gerhard Grün nutzt Cloud Services vor allem in den Bereichen Networking und Kollaboration. Demnächst soll auch das ERP-System als IaaS in der Cloud betrieben werden.

IT-Ressourcen wandern ins Netz
Die IT-Ressourcen von Unternehmen wandern mehr und mehr ins Netz. Für Unternehmen liegt darin die Chance, Daten und Anwendungen kostengünstig zu beziehen – unter Einhaltung der strengen Compliance-Bestimmungen. Dennoch gilt Österreich im internationalen Vergleich als Nachzügler, was die Nutzung von Cloud Computing anlangt. Nur jedes achte Unternehmen verwendet ein kostenpflichtiges Cloud Service.
Nicht so die Erber Group, ein österreichisches, global agierendes Unternehmen, das mit den vier Divisionen Biomin, Romer Labs, Sanphar und Future nachhaltige Zusatzprodukte für die Landwirtschaft und Analysetools für Futter- und Lebensmittel erforscht und produziert. Auch innerhalb der IT ist Cloud Computing in der Erber-Organisation bereits hochrangig postiert. Im Vordergrund sind dabei die Themen Networking und Kollaboration.

Von Hosting über Recruiting bis zu ERP
CIO Gerhard Grün, der neben der IT und deren Strategie auch für die Business Projects verantwortlich ist: „Wir verwenden Cloud Services für das Hosting der Homepage, eine Recruiting-Plattform, einen FileSharing Service und den SPAM Filter.“ Aktuell laufen Vorbereitungen, um das ERP-System als IaaS (Infrastructure as a Service) in der Cloud zu betreiben. „Anschließend werden wir weitere Services wie Mailgateway und Collaboration andenken“, so der CIO. Cloud sei für ihn „Outsourcing auf geteilten Plattformen“ und bringt somit neue Möglichkeiten. „Konkret habe ich das Thema tiefer gehend aufgegriffen, um diese neuen Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Bau des Serverraumes am neuen Erber Campus zu betrachten.“
Die Anforderungen an die Daten-Verwaltung und -Kommunikation sind dabei sehr vielfältig u.a. müssen sie schnell, sicher, billig, dynamisch und flexibel, zugleich aber starr bzw. standardisiert sein. Grün: „Ein Data-Center für all diese Anforderungen zu bauen würde bedeuten, in das gemeinsame Vielfache investieren zu müssen. Also haben wir uns hier gezielt mit Services aus der Cloud beschäftigt. Die daraus resultierende Cloud Strategie unseres Unternehmens zielt darauf ab, die beiden Extreme schnell/sicher/starr und billig/dynamisch als IaaS auszulagern und den gemischten Mittelbau selbst zu hosten.“
Grundsätzlich teilt Gerhard Grün Cloud Computing in drei Bereiche: „Die Private Cloud, wo man sich seine Services selber hostet und entsprechend für die Infrastruktur aufkommen muss. Die Public Cloud, etwa mit Self Service Portalen im Baukastensystem, was aber den Nachteil einer oftmals fixen Standardisierung hat. Und drittens die Domestic Cloud, die lokale Anbieter bedienen. Hier gibt es ein anderes Security-Verständnis und die sind auch so flexibel, genau auf unsere Bedürfnisse eingehen zu können. Hier kann ich lokale Services oder z.B. shared Plattformen mit einem Data-Storage oder einem lokalen Server verknüpfen und dort meine Private Firewall platzieren, um Vernetzungen durchzuführen.“

Verfügbarkeit und Unabhängigkeit
Die vielen Niederlassungen der Erber Group greifen auf alle Daten über Terminal Clients online zu. Wenn die Verbindung nicht funktioniert, müssen die Mitarbeiter ihre Zeit anderweitig effizient nutzen – auch bedingt durch die Zeitverschiebung: „Noch können wir keinen 24-Stunden-Support offerieren“, erklärt Grün. „Unsere Niederlassungen bestehen in der Regel aus rund zehn Mitarbeitern pro Standort, teilweise aber nur aus zwei, bis hin zu den größten Fabriken mit 30, 50 oder in Brasilien sogar bis zu 100 Mitarbeitern. Dabei seien die technischen Voraussetzungen nicht immer ideal. „In Brasilien ist die Internetleitung noch auf Holzmasten platziert“, so der IT-Manager.
Sein zweiter IT-Fokus besteht darin, die global verstreuten Mitarbeiter zueinander zu bringen und eine enge Zusammenarbeit zu gewährleisten (u.a. mithilfe von Social Media). Dabei wird versucht, die vorhandene Umgebung weiter auszubauen – wenn nötig durch Beiziehen von Dritt-Tools: „Alles unter Bedacht, Schnittstellen zu vermeiden und möglichst zu vereinfachen – in Richtung Homogenisierung und Standardisierung“, so Grün.
Was innerhalb der Erber Group keine so große Rolle spielt, sind Echtzeitinformationen: „Unser Geschäftsmodell ist nicht so zeitkritisch.“ Wichtig hingegen sei eine gut funktionierende Storage-Technologie. Grüns bisherige Erfahrung: „Je mehr Systeme ich in dem virtuellen Konzept laufen habe, desto höher ist die Ausfallsicherheit und desto mehr Ressourcen kann ich nutzen.“

Vertrauen durch Einbindung der Mitarbeiter
Durch den künftig vermehrten Einsatz von Cloud Computing erwartet sich der CIO „eine höhere Verfügbarkeit“, auch im Hinblick auf die Energieversorgung. Gleichzeitig spielt bei allen Überlegungen das Thema Unabhängigkeit eine maßgebliche Rolle. „Es ist mir wichtig, dass wir auch ein eigenes Data-Center benutzen“, stellt Grün fest, „ich möchte schon eine gewisse Unabhängigkeit für wichtige Daten haben, um sie bei uns behalten zu können.
Hier legt der CIO großen Wert auf die Unterscheidung zwischen IaaS und SaaS: „SaaS bietet mehr Service, verlangt aber eine höhere Standardisierung und bedeutet eine gewisse Abhängigkeit in Bezug auf Versionierung und Datendurchgriff. Bei IaaS habe ich viel mehr Gestaltungsfreiraum, muss mich aber auch entsprechend darum kümmern.“
Für die Einbeziehung von IT-nahen Tools und damit auch Cloud-Diensten gibt es in der Erber Group laut Grün keine Policy, sondern eine gelebte Kultur, welche die Mitarbeiter zur gezielten und sinnvollen Anwendung veranlasst. „Offene Worte, Vertrauen und gute Services verstärken diese Kultur“, so der CIO. Für die Mitarbeiter der Fachabteilungen muss es nicht nachvollziehbar sein, ob das Service inhouse oder extern gehosted wird. „Deswegen ist es auch wichtig, dass die IT immer involviert wird, damit das beste System und mögliche, notwendige Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden.“

(Der Artikel entstand im Rahmen der Initiative TrustinCloud; www.trustincloud.org)

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red/cc, Economy Ausgabe 999999, 26.05.2015