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25. April 2024

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Anti-Werbung für Finanzplatz

Anti-Werbung für FinanzplatzDeutsche Postbank

Die Milliardenverluste der Gewerkschaftsbank Bawag und die um ein Drittel geringeren der Hypo Alpe-Adria haben den Finanzplatz Österreich international ins Gerede gebracht. Dennoch dominiert die Hoffnung, dass kein langfristiger Schaden bleibt und der Bawag-Verkauf erfolgen kann. Als ein Fixstarter dabei gilt die Deutsche Postbank.

„Gescheiterte Währungsspekulationsdeals in der Karibik zwingen zum Verkauf der österreichischen Bank“, steht im Jamaica Oberserver zu lesen. „Flöttl steht lokalem Handelsimperium vor“, schreibt The Royal Gazette auf den Bermudas. Dass sich die Medien in der Karibik so ausführlich mit der heimischen Gewerkschaftsbank Bawag beschäftigen, ist noch recht verständlich. Schließlich ist dem viertgrößten heimischen Finanz institut durch Spekulationsgeschäfte unter anderem über die karibische Steueroase Antigua ein Verlust von einer Mrd. Euro entstanden. Auch der Investor Wolfgang Flöttl, Sohn des langjährigen Bawag-Chefs Walter Flöttl, ist im Zuge der Affäre ins mediale Rampenlicht gerückt.
Zugleich wurde der Finanzplatz Wien durch die Bawag- Affäre und die Millionenverluste der Hypo Alpe-Adria (im geringeren Ausmaß) weit über die Grenzen der Republik hinaus bekannt. Angesichts dieser Publizität wäre es den für den Kapitalmarkt Verantwortlichen wohl lieber gewesen, wenn der Finanzplatz Österreich nicht auch noch in Ländern wie China oder Malaysia zumindest medial in aller Munde gewesen wäre. „Das hat dem Image des Finanzplatzes temporär sicher nicht gut getan, aber wenn nichts Nachhaltiges mehr zutage tritt, beruhigt sich die Lage rasch wieder“, hofft der Kapitalmarktbeauftragte Richard Schenz auf das Kurzzeitgedächtnis der Investoren.

Unkenrufe
Hinter vorgehaltener Hand zeichnen Branchenkenner ein etwas weniger rosiges Bild. Im schlimmsten Fall könnte die Causa Bawag den Kunden höhere Zinsen bescheren. Denn wenn im Ausland der Eindruck entstünde, dass die österreichischen Institute generell und unabhängig von ihrer Performance als eher risikobehaftet gelten, könnte das ihre Refi nanzierungskosten verteuern. Eine Konsequenz dürfte die Affäre jedenfalls haben: Prüfer und Aufsichtsbehörden werden die Bücher und die Geschäfte genauer unter die Lupe nehmen. Seit der Ankündigung des ÖGB, die viertgrößte heimische Bank verkaufen zu wollen, haben sämtliche größere Finanzinstitute ihr Interesse an der Bawag bekundet. Denn organisch können sie in Österreich keine großen Wachstumssprünge mehr machen. Aber alle kaufbegierigen heimischen Großbanken, die das Geld hätten, um sich einzukaufen, bekämen kartellrechtliche Probleme, meinen Kenner der Verhältnisse. Ein großes Institut, das für die Bawag bietet, muss die Transaktion bei der EU zur Wettbewerbsprüfung anmelden, ein kleinerer Bieter zumindest in Österreich, meint die heimische Bundeswettbewerbsbehörde. Dies gilt auch für das Duo Wiener Städtische und Erste Bank, wobei der heimische Versicherungsriese im Versicherungsvertrieb über einen mehrjährigen Vertrag an die Erste Bank gebunden ist. Wenn es ein Angebot gibt, werden es Erste und Städtische gemeinsam legen, so die Überzeugung in Wiener Finanzkreisen. Ein Offert würde die Beziehungen zur BA-CA nicht berühren, beide haben gemeinsame Versicherungsbeteiligungen.

Zweiter Anlauf
Auch die Österreichische Volksbanken AG (Övag) ist an der Bawag interessiert, sie will offenbar im zweiten Anlauf doch noch zum Zuge kommen: Im Jahr 2000 hatte die Övag bei der Privatisierung der PSK mitgeboten und war nur knapp der Bawag unterlegen. Mit dabei war die deutsche Ergo-Versicherung, die bei der im Sommer anstehenden Bawag-Privatisierung wohl wieder gemeinsam antreten wird. Eines ist klar: In einem so frühen Verkaufsstadium ist es Usance, dass potenzielle österreichische Käufer grundsätzlich Interesse bekunden, zumindest so lange, bis keine Verkaufsdetails auf dem Tisch liegen.
Viel stiller verhalten sich dagegen vorerst mögliche Akquisiteure im Ausland. Hinter vorgehaltener Hand wird in Bankenkreisen als einziger Fixstarter die Deutsche Postbank genannt, die ja sehr gut zur Bawag-PSK-Gruppe passen würde. „Das börsenotierte Unternehmen ist der einzige Fixstarter“, hören Banker schon das Gras wachsen. „Da dürfte es aber Sorgen geben, dass die Deutschen mit der preußischen Pickelhaube in Österreich Einzug halten.“ Auch der italienischen Unicredito, die gerade die HVB, die Mutter der BACA, übernommen hat, könnte die Bawag gut zu Gesicht stehen. Im Gespräch sind weiters die deutsche Commerzbank, der niederländische Finanzkonzern ING oder die GE Money, Tochter des US-Konzerns GE Capital. Einen Börsengang der Bawag kann sich niemand vorstellen. Da fehlt die Story für Investoren, heißt es mit Hinweis darauf, dass im Falle Bawag wenig Ostfantasie vorhanden ist, weil die Bank dort viel weniger stark ist als die heimische Finanzkonkurrenz. Die Bawag ist nur in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien vertreten. Großer Vorteil für die Bewerber aus dem Ausland: Ihnen bleiben anders als heimischen Großbanken, die zwar das Geld hätten, um sich einzukaufen, kartellrechtliche Probleme erspart.

Ausgespielt
Wer auch immer bei der Gewerkschaftsbank zum Zug kommt, wird kaum umhinkönnen, den Großteil der bankfremden Beteiligungen zu barer Münze zu machen. Das Filetstück dabei ist die Glücksspielbeteiligung der Bawag. Das Unternehmen ist mit 36,2 Prozent der größte Gesellschafter der Österreichischen Lotterien. Als weniger gutes Fleisch gelten die Beteiligungen an der Österreichischen Nationalbank. Gleiches gilt für die Schuhhandelskette Stiefelkönig, die die Bank nach fi nanziellen Turbulenzen 2003 übernommen hatte, die traditionsreiche Klavierfabrik Bösendorfer oder die Elektrohandelskette Köck Cosmos. Für diese Beteiligungen wurden ebenso wie für den TV-Sender ATV+ schon vor dem Bekanntwerden der Verkaufspläne durch den ÖGB Interessenten gesucht.

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2006

Clemens Rosenkranz, Economy Ausgabe 06-04-2006, 30.03.2015