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28. März 2024

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Schwitzende Server

Schwitzende ServerFujitsu Siemens Computers

Bei Unternehmensrechnern, auch Server genannt, wird die Leistung von einer Generation zur anderen verdoppelt. Der Energieverbrauch steigt ebenso. Die Stromkosten übersteigen die Anschaffungskosten der Server.

Der Energieverbrauch von Servern ist in den letzten Jahren dramatisch gewachsen. Was im Total Cost of Ownership (TCO) einst eine vernachlässigbare Größe darstellte, ist zu einem gewaltigen Kostenfaktor geworden. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass die Energiekosten bei einer mittleren Lebensdauer von drei bis vier Jahren die Hardware-Anschaffungskosten weit übertreffen.

Chips werden heißer
Hauptgrund für den rasant gestiegenen Stromverbrauch sind die immer leistungsfähigeren Chips. Intels Xeon-Prozessor beispielsweise verbraucht bis zu 165 Watt – was auch entsprechende Kühlleistungen voraussetzt. Nimmt man einem modernen Highend-Prozessor bei Volllast den Kühlkörper samt Lüfter weg, verschmort er innerhalb nur weniger Sekunden. Beim Suchmaschinenanbieter Google, einem der größten Server-Betreiber weltweit, hat bereits Umdenken eingesetzt. „Wenn die Leistung pro Watt in den nächsten Jahren gleich bleibt, kann es leicht sein, dass die Energiekosten die Hardware- Kosten bei Weitem übertreffen“, meint Luiz André Barroso, Techniker bei Google. „In wenigen Jahren könnte das bizarre Szenario eintreten, dass der Stromversorger die Hardware gratis zur Verfügung stellt, wenn man sich langfristig bindet.“ Bei Google sind derzeit nicht weniger als 200.000 Server im Einsatz.
Die Sorge um exorbitante Energiekosten hat unter anderem dazu geführt, dass Google Prozessoren nur mehr bei Intels Erzkonkurrenten AMD einkauft – dessen vergleichsweise stromsparende Server Chips könnten es demnächst auf einen Marktanteil von 30 Prozent bringen. Angeblich wurden erst kürzlich mehr als 10.000 Systeme mit Opteron-Server-Prozessoren bestellt, ein gutes Geschäft für den Chip-Hersteller.
Bei Intel, dessen Chef Paul Otellini im Google Board sitzt, will man sich jedoch nicht lumpen lassen und plant, demnächst eine Prozessorgeneration mit höherer Leistung und niedrigerem Stromverbrauch auf den Markt zu bringen. Der Server Chip „Woodcrest“ soll eine um 80 Prozent höhere Leistung erbringen, gleichzeitig aber um 35 Prozent weniger Energie verbrauchen.

1,3 Megawatt für Server
„Der Energieverbrauch von Servern ist defi nitiv gestiegen“, bestätigt Christian Studeny, Geschäftsführer von Interxion Österreich, dem hierzulande größten Server Housing Center. „Hat früher ein gesamtes Server Rack im Schnitt ein bis zwei Kilowatt verbraucht, erreichen wir jetzt bereits Spitzen von zehn bis 15.“ Mittlerweile verfügt das 10.000 Quadratmeter große Housing Center im 21. Wiener Gemeindebezirk über eigene Transformatoren, ein dritter Dieselgenerator wurde angeschafft. Der Stromverbrauch derzeit: 1,3 Megawatt – genug, um eine Kleinstadt mit mehr als 4.000 Einwohnern mit Energie zu versorgen.
„Traditionelle Server Centers haben bereits Probleme, mit dem gestiegenen Stromverbrauch fertig zu werden. Wir konnten aufgrund unserer internationalen Erfahrungen bereits gegensteuern und die Kapazitäten aufrüsten.“ Die immer höhere Packungsdichte an Hardware führt auch zu neuen Geschäftsmodellen. Die Kunden können zwischen platz- und verbrauchsorientierten Modellen wählen. „Neben dem gestiegenen Stromverbrauch der Server ist auch der erhöhte Bedarf an Kühlleistung zu bedenken. Da die Server-Räume immer dichter mit Rechnern bepackt werden, erhöht sich die Abwärme empfindlich.“
In die gleiche Bresche schlägt auch Paul Witta, Geschäftsführer des österreichischen Open Source-Marktführers Cubit IT Solutions. „Wenn die Hardware eines Servers, der am Rack vier Höheneinheiten einnimmt, auf eine Höheneinheit reduziert wird, versechsfacht sich der Kühlungsbedarf pro Quadratmeter“, rechnet er vor.
Im eigenen Server Center und bei seinen Kunden wirkt er dem explodierenden Stromverbrauch im IT-Bereich vor allem durch bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen entgegen. „Durch den Einsatz mehrerer virtueller Server auf einem Rechner können nicht nur die Kosten für Hardware, sondern auch die Stromkosten massiv gesenkt werden.“ Ein Windows Server sei typischerweise nur zu zehn bis 20 Prozent ausgelastet – mit Hilfe geeigneter Software lassen sich so fünf Server zu einem zusammenfassen. „Anders ist dies bei Servern, die ständig an ihrer Kapazitätsgrenze laufen. Hier können wir aber immer noch den Strombedarf senken, indem sich mehrere Server eine einzige leistungsfähige zentrale Storage-Einheit teilen.“ Ein weiterer Ansatz besteht darin, das Energiemanagement moderner Hardware zu nutzen. „Diese Funktionen müssen explizit per Software angesteuert werden, was gerade bei Low end Servern gerne vergessen wird.“

„Power and Cooling“
Auch große Hardware-Hersteller reagieren mittlerweile auf die zunehmende Energie- und Abwärmeproblematik. Hewlett Packard etwa hat eine „Power and Cooling“-Initiative gestartet und bietet beispielsweise eigene wassergekühlte Server Racks an, die so genannte Hot Spots beseitigen helfen und damit die Kühlleistungen in einem Server Center effi zienter umsetzen können. In den vergangenen zehn Jahren hat sich nämlich laut dem Marktforscher IDC die Server-Leistungsdichte im Rack verzehnfacht, mit neuesten Server-Technologien sind 20 bis 30 Kilowatt pro Rack möglich. Für die Stromversorgung eines Rechenzentrums mit 1.000 Servern fallen jährlich Kosten von beinahe 400.000 US-Dollar (rund 330.000 Euro) an, so die Schätzung der Studienautoren.

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2006

Hannes Stieger, Economy Ausgabe 07-06-2006, 01.04.2015