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19. April 2024

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Online-Spiele der Zukunft über Cloud-Strukturen

Online-Spiele der Zukunft über Cloud-StrukturenDie Zukunft bei Online-Spielen geht über die Cloud. (c) FWF_Flickr_KennyLouie

Ein FWF-Projekt beleuchtet Betriebsmodell und Rolle der Spiele-Anbieter.

In einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF haben Forscher der Uni Innsbruck ein neuartiges, ressourcensensibles Betriebsmodell für Onlinespiele entwickelt. Dabei werden die traditionellen großen Anbieterfirmen in drei leichtgewichtige und spezialisierte Leistungsträger aufteilt und damit sowohl Erträge als auch ungetrübtes Spielerlebnis gesichert.

Millionen Nutzer erwarten störungsfreies Spielerlebnis
Ob Priester, Todesritter oder Magier – in Online-Gemeinschaftsspielen oder Massively Multiplayer Online Games (MMOGs) wie "World of Warcraft" erwarten Millionen von aktiven Nutzern ein störungsfreies Spielerlebnis. Spielzüge sollen in Echtzeit dargestellt, gemeinsame Daten und gleichzeitige Aktivitäten sollen schnell vernetzt und über Chatkanäle diskutiert werden. Das stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Rechnerleistung, sondern auch an die MMOG-Firmen.
"Um bei einer variablen Anzahl an gleichzeitigen Spielern eine sehr gute Spielqualität gewährleisten zu können, müssen MMOG-Firmen mehr Server-Ressourcen bereitstellen als im Durchschnitt gebraucht werden, um Lastspitzen mit einem etwaigen Qualitätsverlust abfedern zu können“, so Radu Prodan von der Universität Innsbruck.
Die Folge ist eine überdimensionierte Infrastruktur von tausenden Rechnern mit entsprechend hohen Kosten und gleichzeitiger Ertragsminderung. Eine schlankere, flexiblere Infrastruktur wäre durch eine Leistungsaufteilung von Aktivitäten der MMOG-Firmen unter Nutzung kommerzieller Cloud-Dienste möglich. Wie sich diese Rollenverteilung zur Zufriedenheit aller Seiten einsetzen lassen könnte, hat das Team um Prodan nun in einem FWF-Projekt erforscht.

Teilen erzeugt Schlankheit
Als Grundlage wurde ein "Ökosystem" zum Bereitstellen von MMOGs auf der Basis einer Cloud-Infrastruktur entwickelt. "Statt traditionell alle Aufgaben unter einem Dach zu vereinen wie es die großen MMOG-Firmen tun, werden die notwendigen Leistungsbereiche auf drei kleinere, agilere und fokussiertere Akteure aufgeteilt: Spielanbieter, Spielbetreiber und (Cloud-) Ressourcenanbieter.
„Die Aufgabe der Spielbetreiber ist dabei, eine gute Spielqualität unter veränderlichen Lastbedingungen und unterschiedlicher Ressourcenverfügbarkeit sicherzustellen", erklärt Prodan. In diesem Modell können die Spielbetreiber die jeweils gerade benötigten Ressourcen von mehreren Cloud-Anbietern flexibel anmieten und einsetzen, sodass die Servicequalität für die Endnutzerinnen und Endnutzer durchwegs garantiert ist. Möglich machen dies eigens entwickelte Algorithmen zur Lastvorhersage und intelligenten Lastverteilung.

Besseres Reagieren durch simulieren
Um die Praxistauglichkeit dieses Cloud-basierten Hosting-Modells prxisgerecht zu untersuchen, wurde ein damit kompatibler Simulator entwickelt, der diese Algorithmen einsetzt. Zusätzlich wurden Real-World Daten von sechs Monaten Laufzeit auf 150 Servern von RuneScape, einem der aktuell größten MMOGs, eingespeist. Ressourcen-Eckdaten von 16 derzeit operierenden Cloud-Anbietern wurden für den Simulator aufbereitet.
Eine große Herausforderung war dabei die Leistungen der Cloud-Anbieter vergleichbar zu machen. Für die nun im internationalen Magazin "Peer-to-Peer Networking and Applications" veröffentlichten Tests wurden Mechanismen zur Selbstheilung bei technischen Störungen oder dem plötzlichen Auftreten von Ressourcenproblemen eingebaut. Diese helfen, etwaige Spielunterbrechungen so kurz wie möglich zu halten.
Die Simulationsdurchläufe zeigten, dass dieses selbstregulierende Hosting mit dynamischer Ressourcenanmietung und flexibler Lastverteilung auch bei Cloud Ressourcen mit eingeschränkter Verfügbarkeit zu Spielunterbrechungen von weniger als vier Minuten führte, unabhängig von der Dauer der dahinterliegenden Störung. Die meisten solcher Störungen betrafen zudem weniger als zwei Prozent der Spielteilnehmerinnen und Spielteilnehmer.

Virtuelle Speicher und reale Markttauglichkeit
Das im Rahmen des FWF-Projekts entwickelte Cloud-basierte Hosting-Modell soll nun den intelligenten Einsatz von Ressourcen ermöglichen. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern erlaubt durch reduzierte Infrastrukturkosten auch geringere Steigerungen der Teilnehmergebühren für die Endkunden. Wegfallende Anfangsinvestitionen in eine eigene Infrastruktur ermöglichen es zudem auch kleineren MMOG-Firmen am Markt teilzunehmen und etwaige Monopolstellungen aufzubrechen.
Intelligente Lastvorhersage- und Lastverteilungsmechanismen sowie Selbstheilungsmechanismen sollen für ein hochqualitatives Spielerlebnis sorgen und dies auch unter den nicht immer störungsfreien Bedingungen in der Verwendung von Cloud-Ressourcen. „Das macht Cloud-Lösungen auch für andere, nicht spielorientierte Performance-hungrige IT-Anwendungen interessant“, resümiert Prodan, Experte für Parallel und Distributed Computing an der Uni Innsbruck und etwa auch Koordinator internationaler Forschungsprojekte.

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red/cc, Economy Ausgabe 999999, 01.09.2015