Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

18. April 2024

Search form

Search form

Individuelle Industrieproduktion

Individuelle IndustrieproduktionBilderbox.com

Materialfehler erkennen und ausbessern: Automatisierungstechnik der TU Wien weist den Weg zu einer neuen Form der industriellen Produktion.

Äste sind bei der Holzverarbeitung ein Problem: Aus einer Schalungsplatte, wie man sie etwa für den Betonbau verwendet, könnte das schlecht mit dem Rest des Bretts verbundene Astholz herausfallen. Das Ausbessern dieser Stellen ist eine mühevolle Tätigkeit, die heute per Hand durchgeführt wird. Aber sogar so komplexe Tätigkeiten können heute Roboter erledigen.
„Gerade Branchen, in denen die Automatisierung mancherorts noch nicht so weit fortgeschritten ist, können von Regelungstechnik und Robotik enorm profitieren,“ sagt Prof. Andreas Kugi vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) an der TU Wien.

Praxiseinsatz
Das automatisierte Verfahren bewährt sich bereits in der Praxis: In einem Sägewerk eines Projektpartners in Bohinjska Bistrica, Slowenien, läuft eine Prototypenanlage. Die Anlage übertrifft den Menschen in ihrer Fähigkeit, Schadstellen im Holz zu erkennen und einzuschätzen, ob sie noch akzeptabel sind oder doch bereits ausgebessert werden müssen. Auch die Arbeitsgeschwindigkeit und Präzision der Maschine übertrifft die menschlicher Fachkräfte.
„Holz ist ein wertvoller Rohstoff“, sagt Kugi. „Das Ziel des Projektes war, die Ressource Holz optimal zu nutzen. Mit Hilfe intelligenter Maschinen können wir Ausschuss minimieren und Verschwendung verhindern.“
Die zu bearbeitende Schalungsplatte wird mit Kameras gescannt. So werden Problemstellen erkannt und entschieden, welche von ihnen ausgebessert werden müssen. „Ein Mensch würde sich dabei auf sein Bauchgefühl verlassen und vermutlich mehr Bohrungen als nötig durchführen“, sagt Kugi.

Individuelle Industrieproduktion
Früher hieß Automatisierung, dass eine größere Anzahl von Werkstücken von einer Maschine genau gleich behandelt wird. Das ist in diesem Fall unmöglich; jedes Holzstück ist einzigartig und muss anders verarbeitet werden. „Dieses Projekt zeigt, worin die Zukunft der Automatisierungstechnik liegt: Im automatischen aber individualisiert angepassten hochflexiblen Verarbeiten.“
Eine individualisierte Automatisierungstechnik, die sich auch für kleine Produktionsserien oder sogar für die Herstellung von Einzelstücken einsetzen lässt, wird Wirtschaft und Arbeitswelt nachhaltig verändern, meint Andreas Kugi: „Durch den Einsatz von Automatisierung und Robotik kann man eine Abwanderung der produzierenden Industrie aus Hochlohnländern wie Österreich verhindern.“

Links

red/stem/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 20.11.2015