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25. April 2024

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Cloud-Computing als Ergänzung

Cloud-Computing als ErgänzungMedwed; Grafik: Sharka

... der bisherigen IT bei den ÖBB. ÖBB-Konzern CIO Peter Lenz im Gespräch mit economy.

Das Management und die Governance der IT werden in Österreichs Unternehmen zu einem immer bedeutenderen Faktor für das Erreichen strategischer Ziele. Auch im ÖBB-Konzern werden IT-Ressourcen zunehmend gebündelt, wobei auch Cloud Computing künftig vermehrt zum Einsatz kommen soll und das nicht zuletzt aufgrund der Dimension und Komplexität der Aufgaben als umfassender Mobilitätsdienstleister (siehe auch Bericht: „IT-Struktur der ÖBB: Sicherheit und Zuverlässigkeit als essentielle Vorgaben“.)
Mithilfe ausgesuchter Cloud-Services sollen daher konzernweit Synergiepotenziale identifiziert und besser genutzt, die Komplexität der internen IT-Landschaft reduziert und mehr Flexibilität bei der Skalierung erreicht werden. Zudem liegt im Cloud Computing die Chance, Daten und Anwendungen unter Einhaltung strenger Sicherheitsbestimmungen gezielt, technologisch optimiert und kostengünstig zu beziehen.

Im Gespräch mit economy zeigt Konzern CIO Peter Lenz auf, wie sich der ÖBB-Konzern auf die neuen IKT-Herausforderungen wie Cloud-Technologie vorbereitet und wo die Errungenschaften des digitalen Zeitalters bereits erfolgreich genutzt werden.

Economy: In welcher Form beschäftigen Sie sich mit Cloud Computing?
Was mich interessiert, ist vor allem der strategische Einsatz von Cloud Computing: Inwieweit können wir es nutzen, inwieweit ist es passend. Seit 2014 steht Cloud Computing fix auf der Agenda, weil wir es künftig mehr nutzen wollen.

Welche Bereiche haben Sie dabei im Fokus?
Cloud Computing kann eine Ergänzung des bisherigen Leistungsportfolios der IT sein. Zugleich erkennen wir heute schon, dass gewisse Lösungen künftig nur noch als Cloud Services angeboten werden können. Deshalb bereiten wir uns auf deren Einsatz vor.

Haben Sie dazu für Ihr Unternehmen bereits eine Cloud Strategie entwickelt?
Wir haben eine Kategorisierung entworfen, die klare Einsatzregeln für Cloud Services definiert. Darin wird festgehalten, was wir in der Cloud machen möchten und dürfen und was nicht. Diesen Entwurf einer Cloud-Policy und ihre Anwendbarkeit testen wir gerade an konkreten Einsatzfällen.

Und welche Cloud-Lösungen kommen bei Ihnen bereits zum Einsatz?
Wir nutzen ein Cloud-Service für eine Car-Sharing-Plattform und sind in intensiven Vertragsverhandlungen bezüglich der Nutzung einer Ausbildungsplattform. Auch die Nutzung von Office Software könnte eine weitere Ergänzung des Leistungsportfolios sein.

Wie gehen Sie mit Bedenken um, die gegenüber Cloud Computing geäußert werden?
Misstrauen entsteht durch Mangel an Information und Wissen. Deswegen ist eine intensive Beschäftigung mit der Nutzung von konkreten Cloud-Services so wichtig. Da werden wir auf spannende Details aufmerksam und schaffen Know-how im Unternehmen, welche Expertise es noch braucht und wo der Einsatz von Cloud-Services für die ÖBB künftig sinnvoll ist.

Das heißt, Sie investieren auch in den Know-how-Aufbau bei Ihren Mitarbeitern...
... ja, wir möchten damit Cloud-Brokerage-Kompetenz im Haus aufbauen. Artverwandte Themen wie Informationssicherheit und Datenschutz sind zu berücksichtigen und müssen eingebracht werden. Bei Pilotprojekten steht sicherlich auch ,learning by doing‘ im Vordergrund. Denn anhand konkreter Projekte lernen unsere Mitarbeiter, sich mit den Chancen und Risken zu beschäftigen. Damit wird wiederum das erforderliche Wissen aufgebaut, das wir auch für weitere Projekte einsetzen können.

Sind Ihre Mitarbeiter an diesen neuen Themen interessiert oder eher skeptisch?
Beides. Es gibt einerseits großes Interesse an diesen modernen IT-Services. Es gibt aber auch Bedenken, wenn es um die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes geht.

Und wie gehen Sie mit diesen Bedenken um?
Wir möchten unseren Mitarbeitern neue Beschäftigungsfelder eröffnen, im Sinne von Cloud-Brokerage beispielsweise. Wir wollen hier „inhouse“-Kompetenzen aufbauen. Der Bezug neuer Services soll sowohl intern als auch extern passieren.

Wie stellen Sie sicher, dass auch alle Fachabteilungen wissen, in welcher Form Cloud Computing möglich bzw. untersagt ist?
Als IT-Service Anbieter – und das ist die interne IT– werden wir die Nutzung von Cloud-Services auch in unser Portfolio aufnehmen. Der Fachbereich selbst muss sich nicht notwendigerweise damit beschäftigen, ob ein Cloud-Service hinter einer Lösung steht. Sobald wir die technischen und auch rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt haben, ist das ein Komplett-Service, das wir unseren ÖBB-Kunden anbieten.

Und wie prüfen Sie die ausreichende Qualität eines potentiellen Cloud Services?
Natürlich sind hier Referenzen und Erfahrungen anderer Firmen wesentliche Marktinstrumente, um mit potenziellen Anbietern ins Gespräch zu kommen. Wie bisher werden wir aber auch intensiv unsere Einkaufsabteilung einbinden, um herauszufinden, wie die wirtschaftliche Situation eines Cloud-Anbieters ist.
Dennoch kann man sich nie zu 100 Prozent sicher sein, dass es diesen Cloud-Anbieter ewig gibt. Das heißt, wenn man in ein Cloud-Brokerage geht oder externe Cloud-Dienste nutzt, dann muss man sich im Vorfeld auch damit beschäftigen, wie man wieder heraus kommt.

Für welche IT-Bereiche werden Sie die Cloud nicht einsetzen?
Cloud-Computing wird in der Zugsteuerung, der bahnnahen IT und der Signalisierung sicher nicht zum Einsatz kommen. Denn insbesondere die ursächlichen IT-Systeme zum Bahnfahren wollen wir weiterhin mit internen Ressourcen und internem Know-how abgedeckt wissen.

Peter Lenz
Peter Lenz ist seit Dezember 2011 der Konzern-CIO der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). In dieser Rolle ist er für die strategische IT-Ausrichtung der ÖBB mit den Aktiengesellschaften ÖBB Holding AG, ÖBB Personenverkehr AG, ÖBB Rail Cargo Austria AG und ÖBB Infrastruktur und deren Tochtergesellschaften verantwortlich.

Studium an der Donau-Uni-Krems
Lenz studierte an der Donau-Universität Krems Informations- und Wissensmanagement. Seinen beruflichen Werdegang begann er bei dem weltweit operierenden Automobilzulieferer Magna International in verschiedenen führenden Rollen in Österreich, Europa und Nordamerika, wofür er auch drei Jahre lang in Toronto und New York lebte. Danach war er vier Jahre lang für die OMV als Leiter des CIO Office und IT-Bereichsleiter für Mid & Downstream tätig.

Inhaltliche Schwerpunkte
Seine Schwerpunkte als CIO des ÖBB-Konzerns sind IT-Governance, Harmonisierung und Standardisierung sowie konzernale Zusammenarbeit in heterogenem Organisationsumfeld. Für seine Arbeit bei den ÖBB wurde er mit dem „Confare CIO Award“ als Österreichs CIO des Jahres 2014 ausgezeichnet.

(Anmerkung der Redaktion: Das Interview entstand im Rahmen der Initiative Trust in Cloud; www.trustincloud.org)

Christian Czaak, Economy Ausgabe 999999, 04.05.2015