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25. April 2024

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Wiener Zukunftsmusik

Wiener Zukunftsmusikpiqs.de/kevin dooley

Erfolgreicher Schritt zum Quanteninternet: Forscher teleportierten Verschränkung.

Wiener Physiker konnten in einem Experiment zeigen, dass sie nicht nur Quanteninformation mithilfe verschränkter Teilchen teleportieren können. Sie schickten sogar die von Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnete Verschränkung selbst auf die Reise. Über diesen zum Quanteninternet berichtet das Fachblatt „PNAS“.
In der Quantenphysik können sich zwei Teilchen in einem Zustand befinden, in dem sie wie durch Zauberhand über beliebig große Distanzen miteinander verbunden bleiben. Sind etwa Lichtteilchen (Photonen) verschränkt, dann bewirkt eine Messung des Zustandes eines der beiden Teilchen, dass das andere genau den gleichen Zustand einnimmt. Das entspricht zwei Würfeln, bei denen zum Messzeitpunkt der eine immer die gleiche zufällige Augenzahl anzeigt wie der andere.
Dieses Phänomen machen sich Wissensschafter zunutze, um Information von einem Photon auf das mit ihm verschränkte Lichtteilchen an einem anderen Ort zu übertragen. Die Forscher selbst sprechen in diesem Zusammenhang von Teleportation. In diesem Feld sind die Wissenschafter rund um Anton Zeilinger und Rupert Ursin von der Universität Wien und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften weltweite Vorreiter.

Quantenrepeater
Auf der Übertragung von Quanteninformation könnte ein zukünftiges Datennetzwerk basieren, dem Quanteninternet. Hier stehe man vor dem Problem, die Verschränkung „von A nach B zu bekommen“, wie Ursin der APA erklärt. Ein einfaches Auffangen, Verstärken und Weiterleiten eines Signals, wie es sogenannte Repeater im herkömmlichen Internet machen, komme im Quanteninternet nicht infrage. Denn durch eine Messung und Verstärkung würde der Quantenzustand zerstört werden.
Um die Verschränkung zu teleportieren, braucht es also eine Art „Quantenrepeater“. Einen solchen haben die Wissenschafter nun zwischen Stationen der Europäischen Nordsternwarte auf den Kanaren-Inseln La Palma und Teneriffa realisiert. Dabei arbeiteten sie mit insgesamt vier Photonen, von denen je zwei aus der gleichen Quelle stammen. „Dann verschränkt man jeweils ein Photon von der einen und eines von der anderen Quelle aktiv miteinander. Damit sind die jeweils anderen beiden auch miteinander verschränkt, obwohl sie gar keine gemeinsame Geschichte haben und auch nicht aus der gleichen Quelle stammen. Wir haben also quasi zwei Würfel hergestellt, die sich gleich verhalten, aber niemals miteinander interagiert haben. Genau das braucht man für einen Quantenrepeater. Man muss unabhängige Verschränkungen zu jedem beliebigen Ort bringen können“, sagt Ursin.

Verschränkte Photonen über Wien
Mit ihrem Versuchsaufbau zeigten die Forscher, dass die Übertragung über die große Distanz von 143 Kilometern in der die Quantenzustände eigentlich störenden turbulenten Atmosphäre funktioniert. In Zukunft wollen die Forscher auch verschränkte Zustände von Satelliten aus übertragen. Daran seien etwa die europäische Weltraumagentur oder führende Satellitenhersteller sehr interessiert.
In einem weiteren ebenfalls kürzlich in „PNAS“ veröffentlichten Experiment sendeten die Wiener Physiker verschränkte Photonen über die Dächer Wiens hinweg, von der Hohen Warte in Wien-Döbling über drei Kilometer zum Dach des Physik-Instituts in Wien-Alsergrund. Mit dem Versuchsaufbau konnten sie zeigen, dass verschränkte Photonen mehr Information tragen können als bisher gedacht. „Für ein künftiges Quanteninternet – von dem ich überzeugt bin, dass es kommt – sind dies wichtige Arbeiten“, sagt Zeilinger.

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APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 20.11.2015