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25. April 2024

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Personalisierte Kunst

Personalisierte Kunstpiqs.de/stefan kloo

Ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Kunstprojekt nutzt Social Media um das Interesse an Kunst zu wecken.

Barbara Lüneburg will junge Erwachsene für Kunst interessieren und sie am Kunstprozess teilhaben lassen. „Diese Altersgruppe kommt oft eher von der Popularkultur und ist daher für zeitgenössische und experimentelle Kunst schwerer erreichbar“, erklärt die Projektleiterin. Die ausgebildete Violinistin forscht an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz daran, wie man als Künstler mit dem Publikum in Verbindung treten kann und wie – junge – Menschen zu kreativem Denken und künstlerischem Arbeiten angeregt werden können.
Ihr Projekt „TransCoding“ nutzt die sozialen Medien als Vehikel. Um ihr Zielpublikum zu erreichen, gab Lüneburg „Identität“ vor. „Ein Thema, das jeden betrifft“, so die Musikerin. Seit dem Projektstart im Februar 2014 hat sich ein internationales Netzwerk von mehr als 800 Interessierten, Nachwuchskünstlern und Professionisten gebildet. Dabei dient der Blog „what if?“ als das zentrale Medium des Austauschs über Musik, Textbeiträge und kreative Prozesse.

Keine Berührungsängste
Im Rahmen des Projekts entstand Lüneburgs multimediale Installation „Read me“. Lüneburg personalisiert sie auf Wunsch für Community-Mitglieder, etwa für die junge Kanadierin Gloria. Diese ist über sozialen Medien auf den Blog gestoßen. Seither hat sie dort über ihre koreanischen Wurzeln geschrieben, komponiert und die Installation personalisiert. Im nächsten Schritt soll das Resultat in einer Galerie in Kanada präsentiert werden.
Die Teilnehmer seien sehr involviert, erklärt Lüneburg: „Es gibt keine Berührungsängste mehr, weil es ihre eigene Sache ist. – Auch wenn es zu multimedialer Kunst verarbeitet wird.“ In Glorias Version zeigt „Read me“ Texte, mit denen sich die junge Frau identifiziert. Im Hintergrund ist Glorias Bild zu erkennen, und die Musik hat Lüneburg aus musikalischem Material der Kanadierin komponiert.

Global
Laut Lüneburg ist es ein sehr vielschichtiges Projekt. Im Internet gelte es, Schritt für Schritt eine Community aufzubauen. Das gelingt mit Ausschreibungen, Wettbewerben und eben Themen, die alle ansprechen. Die Zwischenbilanz ist erfreulich; das Netzwerk lebt auf allen Kontinenten, von Europa über Indien bis zum kanadisch-arktischen Archipel, wo Gloria derzeit arbeitet.
Aus wissenschaftlicher Sicht bietet das Projekt „TransCoding“ einen Perspektivenwechsel von der akademisch rückblickenden Untersuchung eines Kunstwerks zu einem Kunstprojekt, in dem das partizipierende Netzwerk die Rolle des Künstlers hinterfragt. Das Ziel ist mehr Durchlässigkeit und gegenseitige Einflussnahme. Dies könne auch einen Demokratisierungsprozess bei den Künstlern anstoßen, ist Lüneburg überzeugt.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 04.12.2015