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25. April 2024

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Anhand des Aufregers HPV-Impfung analysiert ein FWF-Projekt gesellschaftspolitische Prozesse.

Gesundheitspolitische Maßnahmen polarisieren. Die Politikwissenschafterin Katharina T. Paul von der Universität Wien untersuchte die Einführung der HPV-Impfung zur Krebsvorsorge und damit gesellschaftspolitische Prozesse allgemein. Der Wissenschaftsfonds FWF unterstützte die Arbeit Pauls mit einem Stipendium.
Die HPV-Impfung ist umstritten. Ab 2006 wurden Impfstoffe zugelassen, die vor allem Frauen gegen mehrere Stämme des sexuell übertragenen humanen Papilloma-Virus (HPV) immunisieren sollten, darunter auch die, die Gebärmutterhalskrebs verursachen. „Diese medizinische Innovation wurde nicht überall mit Begeisterung aufgenommen“, erklärt die Projektleiterin. Im Gegenteil, das vorgeschlagene Impfkonzept, Kinder gegen sexuell übertragene und krebserregende Viren zu schützen, ließ die Wogen hoch gehen. „Medizinische Versorgungspraktiken sind stark von gesellschaftlichen Diskursen geprägt, nicht nur von Evidenz“, meint Paul.

Schleppende Umsetzung
Wie die Diskussionen in Österreich verliefen, und wer ihre Akteure waren, hat Paul in Gesprächen mit Verantwortlichen aus Medizin, Politik, Industrie, der Zivilgesellschaft und Behörden rekonstruiert. Ihre Ergebnisse hat sie mit der Einführung der Impfung in den Niederlanden verglichen. Dort wurde – nach anfänglichen Bedenken – die Impfung bereits 2008 national implementiert. Auch in anderen europäischen Ländern erfolgte die Umsetzung zügig.
In Österreich dauerte der Prozess mehrere Jahre. Mit dem Ergebnis, dass die HPV-Impfung 2013 in das Kinderimpfkonzept aufgenommen wurde. Im Vergleich zu den Niederlanden, wo nur Mädchen (ab 13 Jahren) eine kostenfreie Impfung erhalten, werden in Österreich aktuell sowohl Mädchen als auch Buben ab 9 Jahren immunisiert.

Diskussionen mit Eltern
Die Einführung einer medizinischen Technologie sei nie einfach, konstatiert Paul. Im konkreten Fall hat sie aufgezeigt, wie im Rahmen des österreichischen Föderalismus an Konzepten und der Impf-Infrastruktur gefeilt wurde, sodass schließlich eine Akzeptanz seitens der Öffentlichkeit erwartet werden konnte.
Erstens sei es gelungen, das Thema zu de-sexualisieren, indem sowohl Mädchen als auch Buben bereits vor der Adoleszenz geimpft werden und die Impfung damit zur Kinderimpfung wurde. Zweitens konnte man so Diskussionen mit Eltern umgehen. Und drittens wurde die Impfung von drei auf zwei Dosen reduziert, womit die Umsetzung innerhalb eines Schuljahres möglich war.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016