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29. März 2024

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Innovatives Verheizen

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Die TU Wien eröffnet neue Versuchsanlage zur Biomasseverwertung.

Beim Verbrennen von Biomasse, Müll oder Industrie-Reststoffen kann man zwar die gespeicherte Energie nutzen, jedoch nicht die Moleküle, aus denen das Material zusammengesetzt ist. Aber aus biogenen Reststoffen wären wertvolle Produkte zu gewinnen, etwa Wasserstoff, Methan, oder sogar Diesel.
An der TU Wien forscht man seit über zwanzig Jahren an einem Verfahrenskonzept, das beides gleichzeitig kann – Wärmeenergie bereitstellen und einen chemischen Energieträger erzeugen. Nach zweijähriger Vorbereitungsarbeit konnte nun eine neue Anlage in Betrieb genommen werden, die mit einer sehr breiten Palette an Brennstoffen zurechtkommt.

Abgas und Produktgas getrennt
„Bei der Zweibett-Wirbelschicht-Vergasung teilen wir den Prozess in zwei verschiedene Kammern auf“, erklärt Johannes Schmid vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften. In der ersten Kammer wird aus dem Brennstoff ein wertvolles Produktgas erzeugt. Trotz der hohen Temperaturen verbrennt das Gas nicht, da sich in dieser Kammer keine Luft, sondern Wasserdampf befindet.
Die festen Restbestandteile des Brennstoffes gelangen dann in die zweite Kammer, wo Luftsauerstoff zugeführt wird und die Verbrennung stattfinden kann. Diese Verbrennung liefert die nötige Hochtemperaturwärme für die erste Kammer. Übertragen wird die Wärme mit Hilfe von heißem Sand, der zwischen den Kammern zirkuliert.
Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Verbrennungsofen hat man bei diesem Verfahren also zwei getrennte Gasströme: Einen Abgasstrom aus der Verbrennungskammer und einen Produktgasstrom aus der Vergasungskammer.

Österreich technologisch vorne
Entwickelt wird diese Technologie unter der Leitung von Prof. Hermann Hofbauer an der TU Wien. Die Forschungen begannen Anfang der Neunzigerjahre und führten 2001 zur Eröffnung der weltweit ersten Wirbelschicht-Dampfvergasungs-Großanlage in Güssing. Anlagen in Oberwart, Villach, sowie in Deutschland und in Schweden folgten.

Neue Versuchsanlage
Bisher wird in großen Biomassevergasungsanlagen hochqualitatives, homogenes Holzhackgut verwertet. Die neue Anlage kommt auch mit schwierigeren Reststoffen zurecht. Vor allem kostengünstige, minderwertige Brennstoffe sollen genutzt werden: „Neben Abfällen aus der Papier- und Holzindustrie kommen auch biogene Reststoffe wie Zuckerrohrbagasse oder sogar Klärschlamm in Frage“, erklärt Schmid.
Das Team um Professor Hermann Hofbauer hat in den letzten Jahren mehrere Patente angemeldet und sieht großes Potenzial im neuen Wirbelschicht-Vergasungskonzept. Der Trend in der Energieversorgung gehe von großen zentralen Kraftwerksanlagen zu kleineren, lokalen Lösungen. „Interessant könnten solche Anlagen besonders für große Unternehmen sein, in denen viele verwertbare Reststoffe anfallen“, meint Stefan Müller.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 25.11.2015