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29. März 2024

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Historische Klänge

Historische Klänge© piqs.de/dancewart

Nicht nur die Form, auch das Material bestimmt den Klang von Musikinstrumenten. Das haben Akustikforscher anhand der Rekonstruktion des Klangs historischer Posaunen gezeigt.

Wie mag es geklungen haben, wenn die Stücke für Posaune der berühmten venezianischen Komponisten Andrea und Giovanni Gabrieli aufgeführt wurden? Diese Frage beschäftigt Musiker und Instrumentenbauer bis heute. Während sich die historische Musikpraxis bisher darauf konzentriert hat, Instrumente in Bezug auf ihre Größe und Form möglichst originalgetreu nachzubilden, geht man heute andere Wege, um dem historischen Original so nah wie möglich zu kommen.

Alte Posaunen
Mit der Frage, wie der Klang der Posaune von den Materialeigenschaften beeinflusst wird, hat sich das Institut für Wiener Klangstil (IWK) in einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF beschäftigt. Unter der Leitung von Wilfried Kausel hat Instrumentenbauer und Musiker Hannes Vereecke zunächst alte Posaunen in diversen Sammlungen und Museen aufgesucht und dokumentiert, um sie anschließend mit materialwissenschaftlichen Methoden zu untersuchen.
Im Akustiklabor des IWK an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien konnten Kausel und sein Team schließlich nachweisen, dass die Vibrationen des Blechs einen (hörbaren) Einfluss auf den Klang haben. „Die herrschende Meinung war lange Zeit, dass nur die Form des Instruments und nicht die Beschaffenheit des Materials wesentlich ist“, erklärt der ausgebildete Elektrotechniker und Musiker Kausel.

Dick oder dünn
„Jetzt haben wir Belege dafür, was Musiker und Instrumentenmacher immer behauptet haben: dass es einen meist hörbaren und für den Spieler fühlbaren Unterschied macht, ob es ein dick- oder dünnwandiges Instrument ist, ob das Blech gehämmert ist, wie bei den historischen Instrumenten, oder ob es nach modernen Methoden gerollt, gezogen beziehungsweise wie bei der Posaune gedrückt wird“, sagt Kausel.
Die wichtigsten Mechanismen, die den Klang beeinflussen, konnten identifiziert werden – nun kann dieses Wissen in die Nachbauten historischer Instrumente einfließen. Das Institut für Wiener Klangstil hat eine Anleitung zu historischen Verarbeitungstechniken, Angaben zu Schwingungs- und Resonanzeigenschaften und der Rekonstruktion des Klangs der Renaissance-Posaune erstellt. Hannes Vereecke selbst hat die Instrumente mit möglichst originalem Material und Herstellungsverfahren nachgebaut und damit ein Ensemble ausgestattet.

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red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 07.07.2016