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29. März 2024

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Hängende Zweige

Hängende Zweige© piqs.de/schwatbort

Auch Bäume schlafen nachts. Ein internationales Forschungsteam untersuchte mit Laserscannern ihren Tag-Nacht-Rhythmus.

Die meisten lebenden Organismen passen ihr Verhalten an den Tag-Nacht-Rhythmus an. Pflanzen sind da keine Ausnahme. Blumen öffnen morgens ihre Blüten, manche Bäume haben Blätter, die sich nachts zuklappen. Wissenschaftlich untersucht wird das schon lange: Carl von Linné beobachtete, dass sich Blumen auch in einem dunklen Keller weiterhin öffnen und schließen; Charles Darwin stellte fest, dass Pflanzen über Nacht ihre Blätter und Stängel hängen lassen und nannte diese Bewegung „Schlaf“.

Schlafhaltung
Doch bis heute wurden solche Untersuchungen nur mit kleinen, in Töpfen gezogenen Pflanzen durchgeführt. Niemand wusste, ob auch Bäume dieses Schlafverhalten zeigen. Nun gelang es einem internationalen Forschungsteam aus Österreich, Finnland und Ungarn, das Schlafverhalten ausgewachsener Bäume zu messen, indem sie Zeitserien von Laser-Scanner-Punktwolken aufnahmen, die jeweils aus mehreren Millionen Messpunkten bestehen.
„Unsere Resultate zeigen, dass der ganze Baum in der Nacht zusammensinkt, was man als Positionsänderung der Blätter und Äste messen kann“, sagt Eetu Puttonen vom Finnish Geospatial Research Institute. „Die Änderungen waren nicht groß, bis zu 10 cm bei einem Baum mit einer Höhe von fünf Metern.“ Um störende Effekte auszuschließen, die vom Wetter oder vom Ort abhängen, wurde das Experiment zweimal mit zwei verschiedenen Bäumen durchgeführt. Der eine Baum wurde in Finnland beobachtet, der andere in Österreich.

Ungestört
„Auf molekularer Ebene hat sich das wissenschaftliche Feld der Chronobiologie schon weit entwickelt, und besonders der genetischen Hintergrund des Tageszyklus von Pflanzen ist gut untersucht“, sagt András Zlinszky vom Centre for Ecological Research der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. „Aber Änderungen der Pflanzenform sind selbst bei kleinen Kräuterpflanzen schwer zu dokumentieren, weil man für klassische Fotografie sichtbares Licht benötigt, das einen Einfluss auf den ‚Schlaf‘ der Pflanzen haben kann.“
Mit Laserscans hingegen stört man die Pflanze nur minimal. „Wir können damit unsere Messungen von einzelnen Pflanzen zu größeren Bereichen, zu ganzen Gärten oder Wäldern, ausweiten“, erklärt Norbert Pfeifer vom Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien. Die Studie wurde im Fachjournal “Frontiers in Plant Science“ (open access) veröffentlicht.

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red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 03.06.2016