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25. April 2024

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Gefährdete Bestände

Gefährdete Bestände© piqs.de/dancwart

Schwefelsäure bedroht die Bestände der Archive und Bibliotheken. Dank Nanotechnologie naht nun die Rettung für altes Papier.

Niedriger pH-Wert macht Papier sehr spröde. Was den Zeitungsleser nicht weiter aufregt, da er seine Lektüre nach spätestens einer Woche dem Altpapier zuführt, ist für Archive und Bibliotheken eine stete Bedrohung. Eine gemeinsame Entwicklung von Chemikern der Universität Graz mit Restaurations-Experten der Donau-Universität Krems soll nun den Verfall stoppen. Unter Zuhilfenahme von Nanopartikeln sollen die Papiere entsäuert und somit gerettet werden.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das sogenannte Holzschliffpapier eingeführt, das in den Händen heutiger Benutzer zu zerbrechen droht. Die Ursache ist die Einführung von Alaun als Hilfsmittel in der Papierproduktion. Schon in den 1950er-Jahren zeigten sich die ersten Folgen: „Die chemische Verbindung zerfällt, eines der Zerfallsprodukte ist Schwefelsäure, die wiederum die Zellulose zerstört“, erklärt der Grazer Chemiker Volker Ribitsch. Darüber hinaus fördern allgegenwärtige Mikroorganismen die Zersetzung des Materials.
Schätzungen zufolge warten alleine in den österreichischen Archiven rund 1,3 Millionen Dokumenten auf eine Entsäuerung: Unter ihnen unwiederbringliche Schriftstücke aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, aber auch wertvolle Bücher. In Europa dürften rund 40 Millionen Papiere bedroht sein.

Kostengünstig
Bisher entwickelte Verfahren, die gleichzeitig entsäuern, die mechanische Stabilität erhöhen und zusätzlich auch noch antimikrobielle Eigenschaften besitzen, haben allesamt keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht. Das bewog Projektleiterin Patricia Engel von der Donau-Universität Krems vor drei Jahren dazu, mit Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft FFG ein eigenes Projekt zu initiieren.
„Eine Kombination aus Nanopartikeln aus Magnesium- und Kalziumverbindungen mit einer aus einer Zellulose-Verbindung bestehenden Hülle durchdringt unter Druck das ganze Buch“, beschreibt Ribitsch das von von der Uni Graz patentierte Verfahren. Dabei bleiben sowohl gedruckte Buchstaben als auch Bilder unverändert. Da die Methode ohne wässrige Lösungsmittel auskomme, sei auch kein langwieriger und teurer Trockenprozess notwendig.
Die Entwicklung eines technischen Prototyps wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit 150.000 Euro unterstützt. Geplant ist mobiles Gerät, das den Einsatz an Ort und Stelle ermöglicht und die Methode kostengünstig gestalteten soll.

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APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 19.04.2016