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19. April 2024

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Computertechnik hilft Menschen bei der Pflege

Computertechnik hilft Menschen bei der PflegeBilderbox.com

Pflegende Angehörige haben mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Projekt der TU Wien soll ihnen nun vieles vereinfachen. Interessierte Testpersonen werden noch gesucht.

Hilfsbedürftige Angehörige zu pflegen ist oft mit großen psychischen und physischen Belastungen verbunden. Computer, Tablets und Smartphone würden heute eigentlich viele Möglichkeiten eröffnen, den Alltag von pflegenden und pflegebedürftigen Menschen einfacher zu gestalten. Allerdings ist die Technik oftmals nicht benutzerfreundlich genug.
An der TU Wien wird nun erforscht, wie einfache, praxistaugliche IT-Lösungen gestaltet werden können und wie damit viele kleine Alltagsprobleme besser erledigt werden können. Für die im Juni startendeVersuchsphase werden noch Testpersonen gesucht. Die TU Wien stellt die nötigen Geräte und die Internetverbindung zur Verfügung.

Kontakt auf Knopfdruck
„Für pflegebedürftige Angehörige zu sorgen ist oft sehr zeitintensiv. Für viele Menschen ist es schon eine große Entlastung, ein paar Stunden unterwegs zu sein, ohne Angst haben zu müssen, dass ihren Angehörigen zu Hause irgendetwas zugestoßen ist“, sagt Hilda Tellioglu vom Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien.
Abhilfe schaffen können technische Methoden, etwa durch ein Tablet, mit dem man im Notfall ganz einfach durch einen einzigen Fingerdruck ein Videotelefonat starten kann, oder auch durch Kameras, deren Bild die Pflegeperson am Handy anzeigen kann, um ab und zu nachzusehen, ob noch alles in Ordnung ist.

Frustfreie Bedienung
„Ganz entscheidend ist, dass die technische Umsetzung möglichst einfach und bedienungsfreundlich ist“, so Susanne Hensely-Schinkinger, von der TU Wien. „Meist sind die pflegenden Angehörigen selbst nicht mehr ganz jung, viele von ihnen haben nicht besonders viel Erfahrung mit Computern oder Smartphones. Aber das ist auch nicht nötig.“
Am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der TU Wien untersucht man gezielt, auf welche Weise die Programme gestaltet werden müssen, um eine frustfreie, effiziente und fehlertolerante Bedienung zu ermöglichen.

Modularer Aufbau
Was die Software alles können soll, darf sich jeder selbst aussuchen. „Wir haben ausführliche Interviews mit Betroffenen geführt, um uns ein Bild davon zu machen, welche Probleme es im Alltag zu lösen gilt,“ erläutert Hilda Tellioglu.
„Für manche Leute ist beispielsweise eine Internet-Plattform hilfreich, auf der man sich mit Leuten in ähnlichen Situationen austauschen kann um Tipps zu Krankheiten oder auch den Verkauf eines gebrauchten Rollstuhls zu erörtern,“ so Tellioglu weiter.
Grundsätzlich gibt es diese Möglichkeiten bereits, ob etwa auf Facebook, über Skype oder auf Internet-Tauschbörsen. Doch viele dieser Seiten werden vom Zielpublikum des Projekts nicht genutzt, weil zu kompliziert und unübersichtlich.

Mobile Betreuungsdienste
„Für viele Menschen ist es auch wichtig, nicht einfach mit irgendjemandem im Internet in Kontakt zu kommen, sondern ganz gezielt mit Leuten verknüpft zu werden, die in derselben Situation sind wie sie selbst“, ergänzt Susanne Hensely-Schinkinger.
Auch mobile Betreuungsdienste sind in das Projekt eingebunden. „Oft ist es für die pflegenden Angehörigen ein Problem, wenn sich die Heimhilfe mal verspätet“, erzählt Tellioglu. „Sie müssen dann warten und vielleicht andere Termine absagen. Über unser System kann die Information über eine Verspätung schon frühzeitig eingespielt werden und man kann sich rechtzeitig darauf einstellen,“ resümiert die Expertin.

Testpersonen zum Mitmachen gesucht
Am Projekt „TOPIC“ (The Online Platform for Informal Caregivers), geleitet von der TU Wien, sind Firmen, Pflegeorganisationen und Forschungseinrichtungen aus Österreich, Deutschland und Frankreich beteiligt. Im Juni startet die einjährige Testphase und dafür werden noch pflegende Personen gesucht. Wer beim Projekt mitmachen möchte, ist eingeladen, sich bei der TU Wien zu melden.
Die technischen Geräte und die notwendige Internetverbindung werden zur Verfügung gestellt, Einschulung mit der Software gibt es auch, und das ganze Jahr über wird die TU Wien mit den Testpartnern in Kontakt sein, um das System laufend zu verbessern. Am Ende soll das marktreif entwickelte Produkt von Firmen übernommen und kommerziell vertrieben werden.

Links

red/cc, Economy Ausgabe 999999, 25.03.2015