Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

16. April 2024

Search form

Search form

Bundesländer als Verwaltungsbehörde des Bundes

Bundesländer als Verwaltungsbehörde des BundesGerhard Hirschmann mit dem Schweizer Modell. (c) Agenda Austria_Katharina Rossboth

Ex-ÖVP-Politiker Gerhard Hirschmann provoziert bei einer Agenda Austria Veranstaltung.

"In Österreich wird viel zu viel auf Landesebene geregelt. Es wäre billiger und effizienter, die Hälfte der Landesbeamten bei vollen Bezügen nach Hause zu schicken, damit sie nicht herumregulieren." Der ehemalige steirische ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann wurde bei einer Veranstaltung der Agenda Austria seinem Ruf als Provokateur gerecht.

Fiskalföderalismus
"Fiskalföderalismus: Was, wenn Kärnten ein Schweizer Kanton wäre?", lautete das Thema, anlässlich dessen der Schweizer Wirtschaftspublizist Beat Kappeler erklärte, wie Föderalismus und Steuerwettbewerb in der Schweiz funktionieren. Seiner Ansicht nach gut und angesichts der gestarteten Verhandlungen zwischen Finanzminister Schelling und den Landeshauptleuten über einen neuen Finanzausgleich laut Kappeler „ein Modell, von dem man sich etwas abschauen könnte“.
„Auch einem finanziell angeschlagenen Bundesland würde man in der Schweiz nicht beistehen,“ so Kappeler weiter. Anders als in Österreich müssen die Kantone auch die Aufgaben, die sie wahrnehmen, durch eigene Steuern finanzieren, deren Höhe sie selbst festlegen und die in der jeweiligen Verfassung verankert ist. Gleiches gilt für die Gemeinden, die eine starke Stellung einnehmen.

Steuerwettbewerb
Der dadurch entstehende Steuerwettbewerb zwischen den Gebietskörperschaften ist laut Kappeler deswegen nicht ruinös, weil es auch auf der Leistungsseite einen Wettbewerb gibt: "Ein Kanton, eine Gemeinde ist attraktiver, wenn es gute Schulen und Spitäler gibt – wofür die Bürger auch zu zahlen bereit sind." Dazu komme, dass an Standorten mit niedrigen Steuern die Immobilien teurer seien, und umgekehrt.
Auch für Geringverdiener sei der Steuerwettbewerb eine gute Sache – sie bezahlen in der Schweiz im internationalen Vergleich niedrige Steuern. Wie Österreich kennt auch die Schweiz einen Finanzausgleich über den Bund, über den auch immer wieder diskutiert wird. Dennoch ist das Schweizer Modell eindeutig effizienter, was an der viel geringeren Verschuldung zu erkennen ist.

Frage der Umsetzbarkeit
Gerhard Hirschmann zeigte sich vom Schweizer Modell in Teilen durchaus angetan, bezweifelte aber die Umsetzbarkeit in Österreich: "Die Eigenverantwortung hat bei uns einfach keinen Stellenwert. Und Politik hat hierzulande mit Herrschaft zu tun." Prinzipiell sollen die Länder laut Hirschmann nur mehr eine Verwaltungsbehörde des Bundes sein, die Landtage seien unnötig.
Wichtig sei eine starke EU: "Würde sich Brüssel um die Steuerpolitik kümmern, dann diskutierten wir jetzt nicht über Registrierkassen in Griechenland." Allerdings: das Modell Schweiz als Alleingang funktioniere heute nicht mehr.
Aus seiner Erfahrung als Landesrat berichtete Hirschmann, dass es auch in Österreich einen Wettbewerb zwischen den Ländern gebe. „Es ist ein Ausgabenwettbewerb nach oben anstatt nach unten. Hört ein Landesfinanzreferent, dass der Amtskollege anderswo neue Ausgaben einführt, will er das sofort auch machen." Und dabei sei es laut Hirschmann nicht einmal möglich, festzustellen, welche Schulden und welchen Personalstand ein Bundesland genau habe.

Die Schweiz hat es besser
In beiden Fällen hat es die Schweiz besser. Laut Kappeler hat man sich dort vor 15 Jahren auf gemeinsame Standards in der Rechnungslegung geeinigt. Und ein Ausgabenwettbewerb nach oben sei schlicht unmöglich: Erstens hätten fast alle Kantone eine Schuldenbremse eingeführt. Zweitens müssten große Ausgabenbrocken dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.
Daher seien die Politiker gut gegen Begehrlichkeiten gewappnet, die an sie herangetragen werden: "Die Finanzminister haben also die Möglichkeit, zu sagen: 'Auch wenn ich wollte, ich kann euch das Geld einfach nicht geben.“ Ein Zustand, der Hans-Jörg Schelling das Leben wohl leichter machen würde, so ein Resüme des Veranstalters Agenda Austria.

Links

red/cc, Economy Ausgabe 999999, 08.05.2015